„Der Europäer“ – Anthroposophie für Fortgeschrittene oder: Der Angriff der Antideutschen

21. April 2010 at 9:56 am 16 Kommentare

Anthroposophische Völkerpsychologie und Rassentheorie im Jahr 2010.

Die Zeitschrift „Der Europäer“ war mir bisher nur peripher bekannt. Als eine recht konservative und nicht unbedingt auflagenstarke anthroposophische Zeitschrift, die gelegentlich über die dialogoffenste und derzeit auflagenstärkste Zeitschrift info3 sowie den selbsternannten „pundit“ Ken Wilber, dem auch ich selbst recht zugeneigt bin, lästert (Steiner =Jesus). Irgendwann bin ich mehr zufällig in das Internetarchiv dieser Zeitschrift gestolpert und war angesichts der dort zu lesenden Kuriositäten sehr überrascht (vgl. Was hinter dem Streit mit dem Iran steckt, Materialien und Aspekte zum Konzept der „Strader-Technik“). Um einen besseren, repräsentativeren Eindruck zu gewinnen,  bestellte ich mir, wie auf der Webseite der Zeitschrift beworben, ein Probeexemplar der „Europäer“-Märzausgabe. Das kam auch sehr zeitig an, aber die Lektüre trug keineswegs dazu bei, meine Bedenken zu zerstreuen, sondern zeigte, dass dieser Fall eigentlich sehr viel mehr Aufmerksamkeit bräuchte – gerade von AnthroposophiekritikerInnen. Im Folgenden eine Analyse von vier Artikeln im „Europäer“ (zwei von Thomas Meyer, einem von Ludwig Polzer-Hoditz und einem von Holger Niederhausen), ein kurzer Blick auf das Verlagsprogramm und drei für die richtige Einordnung m.E. nach notwendige Exkurse 1. zu Steiners Positionen im Ersten Weltkrieg und gegenüber den USA, 2. dem theosophischen Atlantis- und Rassenmythos, 3. zu Karl Heise, einer zwielichtigen Gestalt in Steiners Dunstkreis. Viel Spaß beim Lesen 😉

Bei alledem geht es mir – und das will ich klar betonen – nicht um irgendwelche Hetz- oder Rufmordkampagnen an bestimmten AutorInnen, sondern um inhaltliche Kritik und deutlichen Widerspruch gegen Thesen, die ich für falsch und für gefährlich halte (wobei ich mir deutlich bewusst bin, dass „auch der Zorn gegen das Unrecht“ „die Stimme heiser“ macht[Brecht]). Ich habe Thomas Meyer, den „Europäer“-Chefredakteur, am 12. April per Mail von meiner Kritik und dem geplanten Blogeintrag in Kenntnis gesetzt und hoffe auf eine spannende Debatte.

Die fabelhafte Welt des Thomas Meyer

Thomas Meyer ist Gründer und m.W. Leiter des anthroposophischen Perseusverlags bei Basel und hat dort auch selbst zahlreiche Bücher veröffentlicht (eines über die „Identität Europas“ fand auch außerhalb anthroposophischer Kreise wohlwollende Besprechungen). Der Anthroposoph Hermann Keimeyer, der einer Art Channel-Hobby nachgeht und daher regelmäßig nette okkulten Stelldicheins mit Steiner, Engeln und augestiegenen Meistern  hält (vgl. Steiner = Jesus), schrieb in einem seiner „spirituellen“ Rundbriefe, Meyer sei die Reinkarnation von Steiners „Mitkämpfer“ Eugen Kolisko. Da Meyer das aber offenbar anders sah und der aufgestiegende Meister Christian Rosencreutz samt himmlischen Begleiterwesen dessen Sicht anschließend bestätigen konnte, begnügte sich Keimeyer doch damit,

„…daß Thomas Meyer zwar nicht Eugen Kolisko war, aber ein engster Mitarbeiter oder Mitarbeiterin von ihm damals.“ (Keimeyer: Wir müssen uns korrigieren).

Dafür haben Meyer und sein Verlag noch zahlreiche andere Kuriositäten zu bieten. Etwa fünf Bücher von Barbo Karlén, die sich für die wiedergeborene Anne Frank hält (johnadams.net) und glaubt, dass sie nach wie vor von in ihrem beruflichen Umfeld ebenfalls reinkarnierten NationalsozialistInnen verfolgt wird (hagalil.com). Auch hat Meyer mit seiner Teilnahme an einem Kongress über „die wahren“ (also irgendwie verschwörungstheoretisch-esoterischen) Hintergründe des 11. September 2001, auf dem einige Mitveranstalter sich unerwartet als explizit völkische Esoteriker entpuppten, von denen er sich dann ziemlich überrumpelt distanzierte, für spöttische Bemerkungen unter anthroposophische KollegInnen gesorgt (Felix Hau: Wahrheitsforscher unter sich).

Vor allem aber ist Meyer Chefredakteur von „Der Europäer“, den er ebenfalls begründet hat, und zwar Ende 1996, die Zeitschrift wird im Perseus Verlag verlegt. Der volle Titel lautet „DER EUROPÄER – Symptomatisches aus Politik, Kultur und Wirtschaft. Monatsschrift auf der Grundlage der Geisteswissenschaft Rudolf Steiners“. Und dieser Titel ist gewählt. Schließlich hat „Geisteswissenschaftler“ Rudolf Steiner schon 1923 prophezeit:

In Europa herüben kann man das, was wir Anthroposophie nennen, entwickeln. Das muß man aus dem Geist heraus entwickeln. Das geht gar nicht mehr aus den Rasseeigentümlichkeiten heraus. (…) Und die Menschen, die in Europa nicht heranwollen an den Geist, die werden Europa ins Unglück stürzen. Die Amerikaner, die brauchen das heute noch nicht, namentlich diejenigen, die da hinüberreisen. Da können sie sich noch mehr auf die Rasseeigentümlichkeiten stützen. (…)

Wer ganz aufmerksam amerikanische Bücher liest, wer aufmerksam Parlamentsreden liest, wer überhaupt etwas aufnimmt von dem, was heute in Amerika vorgeht, der wird sich sagen: Donnerwetter, das ist ja etwas ganz Merkwürdiges. Wir in Europa bilden die Anthroposophie aus dem Geiste heraus aus. Da drüben bilden sie etwas aus, was so wie eine Art Holzpuppe der Anthroposophie ist. Es wird alles materialistisch. (…) Es ist noch nicht lebendig. Lebendig machen können wir es in Europa aus dem Geiste heraus.“ (Steiner: Vom Leben des Menschen und der Erde Über das Wesen des Christentums, GA 349, Steiner Verlag, Dornach 1980, S. 63-65)

Die meisten AnthroposophInnen versuchen sich heutzutage von solchen Implikationen von Steiners Geschichtsmodell zu lösen, indem sie so einfach wie wirkungsvoll durchgehend behaupten, Steiner habe das Gegenteil gesagt:

„In der Werteskala des Vortrages steht der europäische Materialist am tiefsten, nicht am höchsten . (…) Außerdem weißt Steiner ausdrücklich darauf hin, dass sich seine Schilderungen nur auf den Körper des Menschen beziehen, nicht auf Seele und Geist.“ (Stellungnahme der Rudolf Steiner-Nachlassverwaltung zum BPjM-Verfahren um die Indizierung zweier Steiner-Bände, 23,04.2007, 782/06 und 783/06, Az. 504-2335-01/804, S. 13)

Beide dieser Behauptungen sind falsch: Es geht um nichts anderes als die „Entwicklung“ des „Geistes“, die momentan Europäer am Besten vollbrächten.

Die Verschwörung „Angloamerikas“ gegen Deutschland

Der Redaktion von der „Europäer“ kann mensch immerhin attestieren, dass sie dem die korrekte Lesart der Steinerschen Völkerpsychologie vorzieht. Denn der vermeintlichen „Mission“, als Europäer Avantgarde der „Menschheitsentwickelung“ zu sein, fühlt „Der Europäer“ sich entsprechend dieser Namensgebung ganz besonders verpflichtet. Und ebenfalls der Mission, vor dem Treiben der angeblich diesbezüglich defizienten „angloamerikanischen“ Politik zu warnen, die – um es kurz zu machen – das „Geistesleben“ Mitteleuropas kleinhalten und ausmerzen wolle, weil es den angloamerikanischen Weltherrschaftsplänen im Wege sei. Das korrespondiert mit einer ganzen Reihe recht weit verbreiteter antiamerikanistischer Verschwörungstheorien, die sich gerne auch bei „antiimperialistischen“ Alternativen, einer Menge Rechter und viel zu vielen „Linken“ unter dem Deckmantel des „Antizionismus“ finden (vgl. die Seite „Mein Parteibuch“) – hier liegt aber scheinbar eine spezifisch anthroposophische Variante dieses Mythologems vor.

„Der Europäer“ veröffentlichte in der mir untergekommenen Märzausgabe nun in der Absicht, die Thesen über die antideutschen Angloamerikanischen Weltherrschaftspläne zu verifizieren und zu stützen, eine bis dato scheinbar unveröffentlichte oder unbeachtete Äußerung Steiners aus der Zeit des Ersten Weltkrieges, die auf folgende Formel hinausläuft:

„Hinter der Politik der englisch sprachigen Völker steht als fester Plan die allmähliche Beherrschung der Welt durch diese Völker. (…) Für diesen Plan wird die Elite der englisch sprechenden Völker  (…) erzogen (…) Das Deutschtum kann für England-Amerika nur so behandelt werden, dass es als kleinstes Hindernis für dieses wirkt. Daher kann das Deutschtum sich nur retten, wenn es erkennt, was ihm droht und sich darauf einrichtet (…)“ (Rudolf Steiner: ‚Das Deutschtum als kleinstes Hindernis‘ – Grundmaximen der angloamerikanischen Politik. Ein unbekannte Aufzeichnung Rudolf Steiners aus der Zeit des Ersten Weltkrieges, in: Der Europäer 14/5/ März 2010, S. 11f.)

Ein „Kommentar der Redaktion“ ergänzt, dass auch das meiste, was Deutschland in seiner Gescichte so falsch gemacht hat, eigentlich die Schuld der „Angloamerikaner“ war:

„Und wie sehr es gelungen ist, Deutschland zum „kleinsten Hindernis“ zu machen, zeigte sich klar nach dem von westlichen Finanzkreisen mit heraufgeführten Holocaust, mit dem auch heutige Deutsche wirtschaftlich und moralisch ‚an der Leine gehalten‘ werden, wie sich der US-Außenminister Baker einmal ausdrückte. (…) Man braucht nur Namen wie Chamberlain oder Roosevelt durch solche wie Samuel Huntington, Bush I und II oder Obama auszutauschen und erhält eine durchaus aktuelle Version von Steiners Aufzeichnung.“ (Redaktionsnotiz auf S. 12 – Hervorhebung A.M.)

Barack Obama - hat er Weltherrschaftspläne?

Barack Obama - hat er Weltherrschaftspläne?

Exkurs: Steiner, der Erste Weltkrieg und die Rolle „Angloamerikas“

Der Kontext des im „Europäer“ gedruckten Steinerzitats ist die Zeit des Ersten Weltkrieges, in dem Steiners Rolle und Haltung eigentlich nur als tragisch bezeichnet werden kann. Zuerst verkündete er, dessen multinationaler (und reicher) Fanclub gerade für sieben Millionen Reichsmark einen gewaltigen und reich verzierten anthroposophischen Tempel, den sog. Johannesbau, auf dem geschichtsträchtigen „Bluthügel“ im Schweizerischen Dornach errichtete, dass der Weltkrieg einen Rückfall in überholte kollektivistische Bewusstseinsformen darstelle. Steiner – umlagert von den weniger wohlhabenden jüngeren AnhängerInnen, die sich handwerklich beim Bau nützlich machten – hielt charismatische Vorträge und avancierte Internationalismus und Versöhnung, für den der Johannesbau scheinbar stehen sollte, zur Intention Christi und der momentanen Aufgabe der kosmischen Evolution und organisierte zuallererst mal einen netten Erste-Hilfe-Kurs für alle Anwesenden und Beteiligten, da mensch einen Durchmarsch der Franzosen erwartete (Christoph Lindenberg: Rudolf Steiner – Eine Biographie, Bd. II, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1997, S. 55).

Der Johannesbau bzw. das "Erste Goetheanum", abgebrannt 1921, war natürlich von der "Geistigen Welt" intendiert.

Der Johannesbau bzw. das "Erste Goetheanum", abgebrannt 1921, war natürlich von der "Geistigen Welt" intendiert

In den folgenden Monaten schwenkte seine Stimmung aber mehr und mehr um (was allerdings zu dieser Zeit bei vielen sich mit Deutschland identifizierenden „Intellektuellen“ ähnlich der Fall war). Nun war der Krieg Resultat einer Art Verschwörung gegen das „deutsche Geistesleben“ das als einziges bestimmt sei, die sog. „Bewusstseinsseele“ für die Menschheits“evolution“ zu erbilden. Während zwar die verschiedenen „Volksseelen“ in freundlich-familiären Verhältnissen zueinander stünden (jede hätte ihre Aufgabe in der Familie, wobei Steiner „ältere“, wie die Frankreichs und „jüngere“, wie die Russlands, unterschieden wissen wollte), seien Volksegoismen bei allen außer den Deutschen am Krieg schuld:

„Der Russe glaubt Krieg zu führen um die Religion, der Engländer um die Konkurrenz, der Franzose um die Glorie, der Italiener und Spanier um die Heimat, der Deutsche führt den Kampf um die Existenz. (…) Diese Dinge zu erleben, das erschüttert die Seele.“ (Steiner: GA 157, Menschenschicksale und Völkerschicksale (1914), Steiner Verlag, Dornach 1981, S. 46ff.)

Zur Lösung empfahl er – selbstredend – „Geisteswissenschaft“, sein bewährtes Allheilmittel.

Der Kriegseintritt der USA beförderte jene in Steiners kosmischer Werteskala natürlich ebenfalls augenblicklich nach unten. Bis 1924 finden sich Äußerungen wie die oben zitierte, dass Amerika zwar in zukünftigen Zeiten Leitstern der „siebenten nachatlantischen Kulturepoche“ werden sollte (die beginnt aber erst in ca. 3000 Jahren), während vorerst – wie gesagt – das „deutsche Kulturvolk“ die sog. „Bewusstseinsseele“ entwickeln solle, d.h. das selbstbewusste Individuum, das sich trotzdem mit seiner Innen-, Um-, Mit- und Außenwelt reflektiert und respektvoll verbindet und schließlich sich und alles „vergeistigt“. Amerika indessen sei vorläufig noch mit unterirdisch-„magnetischen“ Kräften durchstrahlt, die ohne körperliche oder geistige Degeneration auszuhalten erst mit diesen künftig gestärkten Bewusstseinskräften zu empfehlen sei (eigenartigerweise sind die USA heute eines der Länder mit der größten Anzahl anthroposophischer Einrichtungen).

Baustadium der Johannesbaus

Baustadium der Johannesbaus

Nach dem Krieg sah Steiner sich zwar genötigt, einige offensichtlich falsche Aussagen zurückzunehmen und Selbstkritik in manchen Details seiner Position zum Krieg zu üben, ja allmählich sah er auch die Schuld der Deutschen Regierung, wovon er die deutsche geistige Mission (die ja für ihn auch „Opfer“ des Krieges war) ausnahm. Schließlich sah er die Hauptschuld sogar am deutschen Militarismus, wo ja sogar einiges dran ist (Belege bei Helmut Zander: Anthroposophie in Deutschland, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, Bd. II, S. 1265-1271). Offenbar war Steiner später der Meinung, seine nächste „Inkarnation“ werde in Amerika stattfinden (mündlicher Hinweis Steiners an Herbert Witzenmann nach Jens Heisterkamp: Anthroposophie im Aufgang, in: info3 01/09, S. 14 – laut Hermann Keimeyer ist er dort inzwischen mit Ita Wegmann unterwegs, vgl. aesthetik-atelier.de). 1919 fand er gar, die Mission des „deutschen Volkes“ sei durch den Ersten Weltkrieg „ausgeschaltet“ worden, kein „Miterleben der Dinge“ mehr möglich, sie sei „niedergetreten“. Die „Mission“ sei an die englischsprachigen „Völker“ übertragen worden, wie er nicht ohne Sorge und Bedauern feststellte:

„…die eigentlichen Sieger, das ist ja das anglo-amerikanische Wesen. Und dieses anglo-amerikanische Wesen ist durch die Kräfte, die ich ja auch hier öfter charakterisiert habe, zur künftigen Weltherrschaft bestimmt. (…) Dort wird die eigentliche Verantwortung liegen. Die äußere Herrschaft wird leicht zu erringen sein. Die wird errungen durch Kräfte, die nicht das eigene Verdienst sind. (…) Aber die Verantwortlichkeit wird etwas tief Bedeutsames für die Seelen sein.“ (Steiner: GA 194, Die Sendung Michaels (1919), Steiner Verlag, Dornach 1994, S. 213)

Woodrow Wilson - für Steiner Reinkarnation eines einst missionswütigen "Kalifen"

Die Völkerpsychologie als solche hat Steiner offensichtlich in keiner seiner wechselnden Positionen über Bord geworfen. Ziemlich wütende Kritiken übte er nach Kriegsende an dem amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson, dessen „Selbstbestimmungsrecht der Völker“ er in zahlreichen Memoranden und Schriften seine Gesellschaftsutopie der „Sozialen Dreigliederung“ mit dem Programm „Freiheit für das Geistesleben, Gleichheit für das Rechtsleben, Gleichheit für das Wirtschaftsleben“ entgegenstellte. Die Dreigliederung sah vor, Kultur und Bildung dem Einfluss von Staat und Wirtschaft zu entziehen (weil Steiner demokratische Forderungen halbwegs einsah, aber Kultur und Bildung gerne von ihnen frei wusste um sie „geistig“ zu „impulsieren“), und konsequent letztlich auch Staat und Wirtschaft zu entflechten. Der Antiamerikanismus personifizierte sich nun gewissermaßen im Aktivismus gegen den USA-Präsidenten, den Steiner schon 1917 für die Reinkarnation eines „Kalifen“ hielt, der seinerzeit den Islam gewaltsam verbreitet habe (hierzu und anderes siehe Zander, a.a.O., II, S. 1266, Fußn. 104, vgl. Steiner: GA 177; zum „Arabismus weiter unten).

Churchill, Obama und „Wer Hitler mächtig machte“

Aber damit zurück zum „Europäer“ 90 Jahre später – im schönen Jahr 2010: Steiners zahlreiche und widersprüchliche Haltungen zur „angloamerikanischen Welt“ hat die „Europäer“-Redaktion scheinbar dankend nicht zur Kenntnis genommen. Stattdessen klammert mensch sich hier an Äußerungen fest, wie Steiner sie in der Hochphase seiner Polemiken im Ersten Weltkrieg von sich gab. Die Weltherrschaftspläne Englands und Amerikas seien nach wie vor nicht nur vorhanden, sondern auch deren primäres Ziel, wie Chefredakteur Thomas Meyer erklärt:

„Die in diesen Maximen liegenden Ziele sind strategisch auf Jahrhunderte angelegt, auch wenn die Taktik, sie zu erreichen, Modifikationen unterliegt. Nur wer kein historisches Bewusstsein hätte und zudem blind wäre für die weltpolitischen Geschehnisse der Gegenwart, könnte leugnen, dass diese Maximen nach wie vor für die angloamerikanische Politik leitend seien.“ (Thomas Meyer: Weltgeschichte und Sonderinteressen (Redaktionsnotiz), S. 2 – Hervorhebung A.M.)

Und in einem anderen Artikel, auf den ich gleich noch näher eingehe:

„Wenn in Unkenntnis der tieferen anti-europäischen Intentionen, denen Churchill diente, gerade die Europäer in ihm bis heute meist einen großen, friedliebenden Staatsmann zu sehen, so zeigt dies nur das Maß an naiver, verblendungsartiger Verkennung der wahren (…) westlichen Intentionen auf mitteleuropäischer Seite. Ohne diese bis heute anhaltende Verkennung hätte auch ein US-Präsident Obama niemals die Gefolgschaft der Europäer (…) für den verlogenen Krieg in Afghanistan gewinnen können (…)

Nicht umsonst war es Winston Churchill, der einst sagte: ‚Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit.‘ Gegenüber der Machtfrage ist für den politischen Westmenschen [d.h. Englands und Amerikas – A.M.] die Wahrheit von untergeordneter Bedeutung. Wenn sich dagegen die Europäer einmal am Prinzip der Macht vergreifen, wie im Deutschland Hitlers geschehen, dann nur, um von der wahren westlichen Übermacht überwältigt und auf Jahrhunderte an Ketten gelegt zu werden. (Thomas Meyer: Madeira als Kreuzungspunkt weltgeschichtlicher Strömungen – Impressionen von einer Weltgeschichte zur Atlantikinsel, S. 6f. – Hervorhebungen A.M.)

Churchill-Denkmal in London

Churchill-Denkmal in London

Das offenbart nun seinerseits ein ahistorisches und in sich auch gar nicht logisches Bewusstsein. Schon um nur am Formalen hängen zu bleiben: Wie sollte die „wahre westliche Übermacht“ europäische „Machtergreifungen“ mit einer gesetzmäßigen Regelmäßigkeit durch jahrhundertelanges In-Ketten-legen Strafen, wo doch die USA erst Juli 1776 ihre eigene Unabhängigkeitserklärung vorlegten? So viele Jahrhunderte, geschweige denn Ereignisse können’s ja dann irgendwie nicht sein.  Und Churchill oder ausgerechnet Obama Weltherrschaftspläne auch noch in diesem Ausmaß anzudichten hat höchstens noch parodistische Qualität.

Noch aufschlussreicher als die Äußerungen dieser Artikel ist ein Blick in das Verlagsprogramm, wo einige Highlights freundlicherweise gleich im zweiseitigen Werbeteil für den Perseusverlag mitgeliefert sind. Zum Beispiel das Buch „Wer Hitler mächtig machte – Wie britisch-amerikanische Finanzeliten dem Dritten Reich den Weg bereiteten“ von Guido Giacomo Preparata. Das wird kommentiert u.a. mit folgendem:

„In seinem Zentrum [dem des Buches – A.M.] steht der Aufstieg Hitlers von 1919 bis 1941, der hier als erwünscht und gefördert im Sinne des Kalküls der englischen bzw. angloamerikanischen Weltpolitik der Zeit erscheint. Hitler figuriert hier als jener radikal-nationalistische Führer der Deutschen in den Untergang, auf den die anglo-amerikanischen Eliten gewartet hatten [!], auf den hin sie das Umfeld präpariert hatten und den sie für notwendig erachteten. „ („Europäer“ März ’10, S. 32 – Hervorhebung A.M.)

Preparata: Wer Hitler mächtig machte (Cover)

Andere Titel auf derselben Seite lauten „Wall Street und der Aufstieg Hitlers“ (Anthony C. Sutton), „Europa im amerikanischen Weltsytem“ (Andreas Bracher), „Der 11. September, das Böse und die Wahrheit: Fakten, Perspektiven, Fragen“ (Thomas Meyer). Auf der nächsten Seiten werden dann u.a. eher unpolitisch-esoterische Themen, vom „Tao-Impuls“ zu „Thomas von Aquino“ beworben.

Scutton: Wall Street und der Aufstieg Hitlers (Cover)

Derartige antiamerikanische Verschwörungstheorien sind – das muss fairerweise gesagt werden – nicht anthroposophischer Konsens. Trotz der völkerpsychologischen Determinismen in Steiners Evolutionsmodell gibt es inzwischen sehr faire, sachliche Auseinandersetzung mit derartigen Themen in anthroposophischen Zeitschriften, gelegentlich avanciert „Amerikanisches“ gar zur Wesensverwandtheit mit anthroposophischen Inhalten. „Das Goetheanum“ etwa spekulierte, ob Barack Obama am Ende ein „Manichäist“ sei (womit Steiner inspiriert vom spätantiken gnostisch-asketischen Manichäismus eine okkulte Bruderschaft meinte, die dereinst die Erde vom Bösen befreien werde, vgl. Maurice Le Guerrannic: Geisteskampf der US-Wahlen. Obama, USA und Manichäismus, in: Das Goetheanum 2008/16, S. 1) – in der anthroposophischen Heilslehre gibt es kaum größere Privilegien, und Karl Heyer (der selbst auch genügend rassentheoretischen „Dreck am Stecken“ hatte, vgl. Ravagli, die „Rassen“ und die Rechten) fand 1950 gar, dass Äußerungen Churchills zu Deutschlands ausbleibenden Friedensinitiativen im Ersten Weltkrieg mit Steiners Ansichten übereinstimmten (Heyer: Eine Initiative Rudolf Steiners vor 33 Jahren, in: Die Drei, 2, März-April 1950, S. 118).

Atlantis und Madeira

und wie Churchill auch hier alles kaputtmachte

Die an so „aktuellen“ politischen Themen weniger interessierten LeserInnen kommen im März-„Europäer“ freilich auch auf ihre Kosten – so scheint es zumindest auf den ersten Blick – in dem schönen Artikel „Madeira als Kreuzungspunkt weltgeschichtlicher Strömungen“, wieder von Thomas Meyer, in dem dieser „Impressionen von einer Winterreise zur Atlantikinsel“ verspricht (S. 3-11). Hier gibt es tolle Orchideenparks (S. 3) und coole alte Templerkirchen (S. 8). Aber am Wichtigsten:

„Der Dumont-Führer fragt: ‚Ob dieser paradiesische Flecken im Atlantik die Spitze des sagenumwobenen Atlantis war?‘ In der Tat dürfte die Insel zu den östlichen Randgebieten des vor etwa 10’000 Jahren gesunkenen, einstigen atlantischen Weltkontinents gehört haben, dem Schauplatz mächtiger alter Zivilisationen und großer Kulturen, von denen die äußere Geschichtsforschung kaum mehr als Sagenhaftes zu berichten weiß.“ (S. 3)

Bedauerlicherweise war Madeira zwar von ca 500 000 v.Chr. bis vor 6.540 Jahren von stark eruptiver vulkanischer Aktivität dominiert und kaum besiedlungsgeeignet, aber möglicherweise war das den Atlantiern ja egal. Ebenso wie Meyer scheinbar die Tatsache egal ist, dass die Insel keineswegs den Teil einer ehemaligen Landmasse darstellt, sondern einen im Gegenteil durch die geschilderte vulkanische Aktivität im vormaligen Meer auftauchenden Vulkanschlot, aber es gibt wahrlich interessantere Diskussionen.

Karte aus William-Scott Elliot: The Story of Atlantis (1896)

Karte aus William-Scott Elliot: The Story of Atlantis (1896)

Denn Meyer bezaubert uns auch noch mit seiner profunden Kenntnis der theosophischen Rassenlehre. Nach den Spekulationen der theosophischen Oberikone Helena Petrowna Blavatsky, deren Weiterdichtungen durch Charles Leadbeater, Annie Besant und v.a. William Scott-Elliot war Atlantis keineswegs nur eine zufällige archaische Hochkultur, sondern eine im unerbittlichen Uhrwerk der kosmischen Evolution eingeplante Entwicklungsstufe und -plattform für das menschliche Bewusstsein. Diese „Bewusstseinsentwicklung“ geschah während des „atlantischen Zeitalters“ durch die sogenannte „Atlantische Wurzelrasse“, die Vierte Wurzelrasse von insgesamt sieben (wir leben zur Zeit der Fünften, „Arischen“). Und jede Wurzelrasse teilt sich nochmal in sieben sog. Unterrassen. Über die hat sich Scott-Elliot die meisten Gedanken gemacht und in seiner ziemlich abstrusen (und darin lesenswerten) Story of Atlantis ausgeführt, wo er über Sprache, Militär, Ernährung, Schulen, Beförderungsmittel (fliegende Schiffe) auf Atlantis spekulierte und diverse „rassische“ und geographische Details auflistete. Steiner ergänzte diese Berichte um Anekdoten über die mentalen Entwicklungszustände der sieben Unterrassen bzw. die menschlichen Fähigkeiten, die die jeweilige „Rasse“ „entwickelt“ habe:

  1. Rmoahals (Gefühle, Sinnesgedächnis, Sprache, magische Heilkräfte)
  2. Tlavatli (Erinnerung, Ahnenkult, Ehrgeiz)
  3. Ur-Tolteken (persönliche Erfahrung)
  4. Ur-Turanier (persönliche Machtfülle, Denkkraft)
  5. Ur-Semiten (Urteilskraft, Rechnen, Nutzung des Feuers auf Kosten der „Lebenskräfte“)
  6. Ur-Akkadier (Anwendung der Urteilskraft, „Gesetze“, Klugheit gilt mehr als Stärke)
  7. Ur-Mongolen (hatten die magischen „Lebenskräfte“ ganz verloren und nurnoch den „naiven Glauben“ daran)

Die Namen der „Rassen“ waren natürlich gewählt. Turanier war eine despektierliche Bezeichnung für nichtindogermanische und nichtsemitische „Völker“ in der rassentheoretisch aufgeladenen Ethnologie des 19. Jhdts, die Akkad(i)er stellten eine antike „semitische“ Kultur dar, die Tolteken eine alte Kultur Südamerikas, eine Erklärung für Mongolen dürfte sich erübrigen. Rmoahals und Tlavatli dürften ebenfalls auf südamerikanische Völker oder Wörter zurückgehen. (Zander: Anthroposophie…, a.a.O., I, S. 630). Die Namen decken sich also mit den „asiatischen“ bzw. „uramerikanischen“ „Rassen“, denen die TheosophInnen (und Steiner) bewusstseinsgeschichtliche Rückständigkeit vorwarfen.

Steiner: Aus der Akasha-Chronik (Cover)

Steiner: Aus der Akasha-Chronik (Cover)

Thomas Meyer hingegen enthüllt: Rmoahals und Tlavatli lebten auf Madeira! Am Tollsten sind für ihn übrigens die Rmoahals, denn ihre Fähigkeiten

„…konnten noch nicht durch den menschlichen Egoismus missbraucht werden. Denn die Seele des Menschen nahm in einer gewissen Reinheit an allen sinnlich-übersinnlichen Vorgängen teil. (…)

Anderes tritt in der zweiten Hauptrasse hinzu, den Tlavatli-Völkern. Erstmals entwickelte sich aufgrund der fortgeschrittenen Erinnerungsbildung so etwas wie der persönliche Ehrgeiz. (…) Und mit dem Ehrgeiz entwickelte sich der Wille zur Macht.“ (S. 7 – Hervorhebungen im Original)

Und – wer ahnt es schon? – den „Willen zur Macht“ übertrugen die Tlavatli auf niemand anderen als …. Churchill:

„Alle spätere Politik der Macht verdankt dieser zweiten atlantischen Rasse ihren Ursprung, nicht der ersten. In diesem Sinne waren Churchill, Roosevelt oder auch Stalin Machtmenschen; mit dem Unterschied, dass die Macht der Westmenschen die Mitteleuropas und des Ostens als wahre Übermacht schließlich in ihren Dienst zu zwingen wusste.“ (S. 8)

Aber auch „Rmoahals-Tugenden“ weiß Meyer bei einigen Besuchern Madeiras zu finden (von Rilke bis Schweitzer) und schließlich bei den Portugiesen und ihren Entdeckerfahrten, denn immerhin gehört ja auch Madeira zu Portugal, das damals „unmittelbar unter die Führung des damaligen Zeitgeistes Samael gelangte, der zugleich als Portugals Volksgeist wirkte.“ (S. 9). Schon praktisch. Und schließlich gelingt es Meyer geradezu mühelos, in den Artikel noch einen Exkurs zu Ludwig Polzer-Hoditz (1869–1945) einzubauen. Dessen Namen kannte ich bis Anfang diesen Jahres auch noch nicht, Meyer hat dagegen 2009 die „erweiterte“ Neuauflage seiner vorher schon 817-seitigen Biographie von Polzer-Hoditz vorgelegt, die den zu erwartenden Titel „Ludwig Polzer-Hoditz – Ein Europäer“ (Hervorhebung A.M.) trägt. Er war offenbar ein engagierter Anthroposoph zu Steiners Lebzeiten und versuchte gemeinsam mit seinem Bruder Arthur (1870–1945), der Kabinettsdirektor des letzten österreichischen Kaisers Karl I. war, letzteren von Steiners Staatsentwurf der „Sozialen Dreigliederung“ (s.o.) zu überzeugen (Zander: Anthroposophie…, a.a.O., II, S. 1281ff.).  Karl war auch durchaus interessiert, wenn er die Idee auch für zu unausgearbeitet hielt, aber nach dem Ersten Weltkrieg und dem gescheiterten Versuch, wenigstens die ungarische Krone zu behalten, nach Madeira verbannt worden. Lustigerweise hatte auch hier Churchill seine Finger im Spiel.

Kaiser Karl I. war an Steiners "Dreigliederung" interessiert und wurde auf das ex-atlantische Madeira verbannt

Kaiser Karl I. war an Steiners "Dreigliederung" interessiert und wurde auf das ex-atlantische Madeira verbannt

Meyers Artikel über Madeira mit dem in meinen Augen recht absurden Sammelsurium von Facts und Fiction übersteigt meine wohl eher bescheidenen parodistischen Fähigkeiten, freilich auch wegen der makaberen Beigeschmack der theosophischen Rassentheorie. Diesbezüglich kommt aber das Beste noch.

Deutsche und Juden:

„Rassenmenschen ohne Staat“?

Denn „Der Europäer“ hat in der Märzausgabe auch noch einen längeren Text von Polzer-Hoditz selbst mit dem Titel „Hadrian als Repräsentant der 4. nachatlantischen Kulturepoche“ zu bieten (S. 17-25). Die sog. sieben Kulturepochen sind bei Steiner Unterteilungen im aktuellen Zeitalter der „Fünften Wurzelrasse“, analog zu den genannten „Unterrassen“ in der „Vierten Wurzelrasse“ (s.o.). Von „Rassen“ unterscheiden die „Kulturepochen“ sich dadurch, dass es nach Steiner um die Entwicklung seelischer Eigenschaften geht, also bestimmte Kultur- und Zivilisationseinflüsse, nicht „Rassenmerkmale“ prägende Faktoren seien. Momentan befinden wir uns in der fünften Kulturepoche, der germanisch-angelsächsischen Kultur“, die Reformation (Luther) und Aufklärung (Kant, Schiller, Goethe) hervorgebracht habe und der die Vierte, „Griechisch-Lateinische“ voranging. Logischerweise gehört Hadrian damit in die Vierte Epoche.

Polzer-Hoditz schreibt nun allerlei über Mysten und Mysterien, in denen „Eingeweihte“ sich üblichermaßen höheren engelhaften Wesenheiten annähern, die die Entwicklung der Zeitalter, „Rassen“ und all ihrer Untergliederungen leiten. Dabei fällt ihm allerlei zum „männlichen“ und „weiblichen“ Pol der Mysterien, biographischen Anekdoten zu Steiner und dem Mysterien“verfall“ von der griechischen zur römischen Kultur ein – der aber ebenfalls von der Weltlenkung intendiert war: Es ging darum, den Menschen aus göttlicher Führung in die relative Isoliertheit und Eigenständigkeit zu lassen, die das „exoterische Christentum“ gebracht habe. Kaiser Hadrian, ein Fan pseudogriechischen Kitschs in der Römerzeit, stand für Polzer-Hoditz als solcher offenbar zwischen den untergehenden Mysterien und dem von Rom heraufgeführten „äußeren Welteich“.

Kaiser Hadrian

Kaiser Hadrian (76-138 n. Chr.)

„Er steht gespalten zwischen Stoa und Gnosis, will daher auch immer Rom und Hellas vereinen, was unmittelbar unmöglich war. So steht er zerrissen zwischen zwei Welten, einer untergehenden und einer aufgehenden…“ (Polzer-Hoditz, S. 21)

Spätestens angesichts dieser Tragik zaubert Polzer-Hoditz die anthroposophische all-around-Lösung aus dem Hut: „den“ Christus. Der habe als „Der Sohn“ Auf- und Untergang, Männlich-Weiblich und alle Kulturen sowieso verknüpft. Hadrian habe damit (unbewusst) die christlichen Intentionen weitegeführt, mithin (und deswegen druckt „Der Europäer“ den Text wahrscheinlich ab) sah er…

„…seine Pflicht in Europa. Er ist dadurch der Kaiser, der als Erster die Bedeutung der europäischen Mitte erkennt und diese Mitte vorbereitet. Das Donaubecken liegt ihm besonders am Herzen (…) Er ahnt die Zukunft in Europa…“ (ebd., S. 22)

Aber dann waren da noch die Juden, die sich wie die Römer gegen die Annahme des „Christus-Impulses“ – der freilich nur im Glauben an die Historizität des „Mysteriums von Golgatha“ zu erlangen sei – sträubten:

„Die Friedensliebe, die diesen immer durch sein Reich wanderndernden und Kultur spendenden Kaiser beseelte, konnte nicht verhindern, dass er (…) einen der blutigsten Ausrottungskriege führen musste. Es war ein Schicksals-Urteil der Gesichte, das auszuführen ihm oblag[!]. Der fanatische Widerstand der Juden gegen die Eingriffe der Römer , welche anstelle der (…) zerstörten Stadt Jerusalem begannen, die Stadt Aelia Capitolina mit einem Zeustempel zu erbauen, zwangen [?] Hadrian zum Kriege.“ (S. 22- Hervorhebungen A.M.)

Der 70 n. Chr. zerstörte jüdische Tempel in Jerusalem (Modell von Jonan Lendering)

Der „Ausrottungskrieg“ gegen „die Juden“ war für Polzer-Hoditz freilich kosmisch gewollt:

„Die Weltaufgabe der Römer musste sich in dieser Zeit für die 4. Kulturepoche erfüllen.

Die Juden sind ihre Helfer, werden aber dann, als man sie nicht mehr braucht [!], gerade deshalb als Staatsgemeinschaft ausgerottet [!]. Die Juden werden zu Rassenmenschen ohne Staat und zeigen, wie selbst in der späteren 4. Kulturepoche, in welcher der absetzende Staat immer mehr zum Götzen wird, ein Volk ohne Staat (…) doch eine äußere Bedeutung in allen Staaten der Welt gewinnen kann, und dieses selbst auf der Grundlage eines nicht mehr berechtigten Kultes. Das Judentum (…) verleugnete seine tiefste Mission.“ (S. 22-23 – Hervorhebungen A.M.)

Wie unfassbar und makaber eine solche Behauptung ist, muss ich hoffentlich nicht nochmal detailliert ausführen – ehrlich gesagt fehlen mir dafür auch gerade die Worte. Aber Polzer-Hoditz hat noch mehr zu bieten: Im Grunde seien „die Deutschen“ ähnlich undankbar wie „die Juden“, spinnt er seinen Faden aus, indem er Rudolf Steiner eine soteriologische Bedeutung zuweist:

„Eine Parallele kann man heute im offiziellen Deutschtum finden, welches die Mysterienbotschaft und Christusbotschaft Rudolf Steiners, die im Deutschtum einschlug, so behandelte, wie die Juden das Christus-Ereignis. (…) Wie Rom zu Griechenland in der 4. Kulturperiode, so steht London zu Mitteleuropa in der 5. Kulturperiode. (…) Das römische Imperium hat sich im englischen Imperium durch die sich in diesem wiederfindenden Seelen [also per Reinkarnation – A.M.] wiederholt; ein Teil der römischen, mehr griechisch gestimmten Seelen zeigte sich auch in der Mitte Europas. (…) Diese Deutschen sind ebenso, wie die Sadduzäer Diener des politischen Roms waren, Diener des englisch-amerikanischen Wirtschaftsimperiums [1930!] und verhärten sich in einem abstrakten staatlichen Nationalismus.“ (S. 23-24)

Es ist zu bedenken, dass dieser Artikel keineswegs ein Text aus einem nie gesichteten anthroposophischen Nachlass ist, der Jahrzehnte nach dem Tod des Verfassers in einer kleinen anthroposophischen Zeitschrift dokumentiert wird. Diese Worte wurden von Polzer-Hoditz zu keinem geringeren Anlass als der Eröffnung des „Zweiten Goetheanums“ 1928 gehalten, 1930 in der Zeitschrift „Die Drei“ gedruckt und jetzt wieder in Meyers Polzer-Hoditz-Biographie (S. 694ff.) – und in „Der Europäer“ wird dem Artikel nichts als eine Redaktionsnotiz beigefügt, die behauptet, dieser stelle „ein eindrucksvolles Beispiel für die selbstständige spirituelle Entwicklung eines Geistesschülers nach dem Tod des großen Lehrers dar.“ (S. 17) Und das ausgerechnet bei dieser alles andere als irgendwie „vergeistigten“, kulturchauvinistischen Blutmythologie…

Das "Zweite Goetheanum" - Sitz der "Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft" und ihrer "Freien Hochschule" wurde 1928 mit Polzer-Hoditz' Antijudaismen eröffnet.

Wohlbemerkt: Polzer-Hoditz sprach/schrieb vor der Shoa – mag also kein historisches Bewusstsein von der Grausamkeit derartiger angeblich „karmischer“ „Vernichtungskriege“ gehabt haben. Aber ist es legitim, das heute zustimmend abzudrucken? Meiner Meinung nach in keiner Weise: Gerade für die AnthroposophInnen, die sich um eine Aufarbeitung von Steiners antijudaistischer Rhetorik bemühen (Und sie bewegt sich doch) ist das eine Zumutung.

Groteske –

Der Einsatz von Holger Niederhausen für Mieke Mosmuller

Ein ganz besonderes Schmuckstück der „Europäer“-Märzausgabe ist der Artikel „Arabeske – Der Gegensatz zwischen Ken Wilber und Rudolf Steiner“ (dort S. 29) von Holger Niederhausen (vgl. wieder Steiner =Jesus). Letzterer arbeitet bei den „Freunden der Erziehungskunst Rudolf Steiners“ und betreibt sehr ambitioniert eine Webseite, auf er sehr leidenschaftlich für Anthroposophie, Mieke Mosmuller (vgl. zu dieser nochmal Steiner = Jesus) – die ähnlich wie Keimeyer glaubt, Rudolf Steiner in höheren Bewusstseinszuständen zu begegnen – eintritt, und sich über info3, Judith von Halle (eine weitere recht kuriose Anthroposophin, die nach eigenen Darstellungen fähig ist, das von Steiner postulierte metaphysische Weltgedächtnis „Akasha Chronik“ zu lesen und Stigmata empfangen haben will, vgl. Ralf Sonnenberg: Symptomatisch oder ‚zufällig‘?, in: Die Drei, 12/2005, S. 69-72) oder die für Niederhausens Begriffe heutzutage immer „unspiritueller“ werdende Waldorfpädagogik echauffiert. Dabei hat er das Pech, dass seine Aktivitäten scheinbar nicht die gewünschte Aufmerksamkeit und Zustimmung kriegen. Ein Beitrag von ihm zu Mosmullers neuestem Buch („Eine Klasse voller Engel“) wurde recht beharrlich ignoriert:

„Bis heute wurde das Buch in der waldorfpädagogischen Zeitschrift „Erziehungskunst“ [die sich momentan um eine seriösere Außenwirkung bemüht, vgl. Typen? Themen? Temperamente! – A.M.] nicht besprochen – weder positiv, noch negativ. Meine Besprechung wurde zurückgewiesen, und man hat mir mitgeteilt, dass überhaupt keine Rezension erscheinen werde… Auch im „Goetheanum“ wurde nichts abgedruckt, obwohl zum 90-jährigen Jubiläum der Waldorfschule inzwischen mehrere andere Aufsätze erschienen waren. „Die Drei“ lehnte eine Besprechung ab, weil die „Erziehungskunst“ zuständig sei…

Im August erschien dann eine Besprechung in der eher unbekannten Zeitschrift „Lazarus“ und im November in der Schweizer Zeitschrift „Gegenwart“, die sogar mit einem Hinweis an alle deutschen Waldorfschulen geschickt wurde. Reaktionen darauf sind mir bisher nicht bekannt – außer ein völlig verständnisloser, mich und Frau Mosmuller beschimpfender Brief aus der Leitung der Akademie für anthroposophische Pädagogik in Dornach…“ (Niederhausen: Von der Krisis der Anthroposophie – eine Überschau)

Ähnliche Mitteilungsbedürfnisse hatte Niederhausen offenbar ebenfalls zu dem Buch „Arabeske“ von Mosmuller. Die Rezension, die sich letztendlich im „Europäer“ (S. 29) findet, steht auf seiner Seite nun auch schon seit dem 20.09.09 – ich bin so frei, zu mutmaßen, dass auch hier keine andere Zeitschrift bereit war, sich zur Plattform für die Unterstellungen Mosmullers und die distanzlos begeisterten Besprechungen Niederhausens zu machen. Aber nun zu Niederhausens Artikel.

Mosmuller: Arabeske (Cover)

Mosmuller: Arabeske (Cover)

Mosmullers Buch beginnt und endet mit dem Ziel, zu zeigen, dass Ken Wilbers „integrale Theorie“, die versucht, eine „umfassende Landkarte menschlicher Potentiale“ (so Wilber: Integrale Vision (2007), Kösel Verlag, München 2009, übersetzt von Karin Petersen, S. 17) zusammenzutragen, mit Steiners Anthroposophie unvereinbar sei.  Niederhausen sieht das auch so – und bedient sich dabei wie die restlichen Artikel im „Europäer“ gnadenlos der anthroposophischen „Völkerseelenkunde“:

„…im Kontrast zu dieser wahren, christlichen Spiritualität des Abendlandes [= die Anthroposophie – A.M.] zeigt sich die wirkliche Natur der Wilberschen: Diese leugnet als arabistischer Impuls alles Individuelle, in ihr gibt es nur Holons in Holons in Holons, endlos sich fortsetzend in immer gleichen Mustern – wie Arabesken…“

Schon Steiner klärte uns ja auf, dass die von Mohammed begründete Religion und der „Arabismus“ auf die Initiative des Oberdämons „Sorat“, dem Gegner Christi und des autonomen ICHs, zurückgingen. „Sorat“ versucht dadurch – wie es sich für einen zünftigen Oberdämon gehört –  die Menschheit zu beherrschen (Ahriman, Avitchis und die Apokalypse). Da Wilber aber solch mächtige Details nicht erkennt, findet Niederhausen ihn außerdem zu „abstrakt“:

„Denn der anthroposophische Erkenntnisweg beruht auf einem liebevollen Eintauchen in die Welterscheinungen, auf einem Sich-Verbinden mit den Dingen und Wesen. Nur auf diese Weise ist ein wirkliches Erkennen möglich. Und so kommt die Anthroposophie zum Erleben einer wesenhaften, unendlich differenzierten geistigen Realität. Während Wilber „integral“ zu einer letztlich leeren Theorie und abstrakten Überschau kommt, findet Rudolf Steiner die reale Fülle der Wirklichkeit und das Wesen auch der kleinsten Erscheinung.“

Angesichts von Steiners gelegentlichen Ausführungen über angeblich aus kosmischem Menschenhass begründete Weltreligionen (wie den Islam) oder Kindern, die von ihm zu durch „Rechenfehler des Kosmos“ inkarnierten „Elementarwesen“ erklärt wurden; angesichts seiner Phantasien über Buddhas „Mission auf dem Mars“ und seiner Polemiken gegen Judentum, Theosophie und „Materialismus“ scheint es reichlich zynisch, lediglich von „liebevolle(m) Eintauchen“ und „Sich-Verbinden“ mit dem „Wesen“ der Dinge zu sprechen. Dann doch lieber eine erklärte „Theorie“, die als solche notwendigerweise „abstrakt“ ist, dem Individuum aber die Selbstständigkeit zugesteht, selbst die konkrete Anwendungsmöglichkeiten zu finden und die „theoretisch“ gezeigten Plattformen tatsächlich mit „realer Fülle“ zu bereichern – auch ohne sich selbst okkulte Stelldicheins mit dem verstorbenen Gründervater zu suggerieren.

Steiners Leistung besteht darin, durch seine bildergewaltigen Meditationen, abgedrehten Kosmologien und schillernden Phantasien überraschend viele Menschen zu überraschend vielem an gesellschaftlichen und künstlerischen Tätigkeiten angeregt zu haben (die mit seinen Theoremen oft gar nichts mehr zu tun haben) und in seinen ekklektischen Suchbewegungen in den Reformideen seiner Zeit gelegentlich auf Goldadern gestoßen zu sein, die er dann esoterisch vereinnahmte. Die Details seiner Kosmologie grenzen aber nicht selten ans Groteske, Lächerliche – und werden noch von Menschen wie Niederhausen und Mosmuller gerade in diesen verklärt und zu weisen, „liebevollen“ Einsichten erhoben.

Die Stärke Wilbers besteht, wie Niederhausen anerkennt, immerhin darin, dass sie „die verschiedenen Ergebnisse der heutigen Natur- und Sozialwissenschafte integriert (…) Wilber sieht alle Theorien und Bewusstseinsstufen in ihrem Kontext, ihrer relativen Gültigkeit, führt sie zusammen und erhebt sich zu einer immer weiteren Überschau.“ (ebd.) Das ist für Niederhausen irgendwie etwas Schlechtes. Der „integralen Theorie“ kommt es auf Perspektiven und Haltungen an, nicht auf die Interpertation von Inhalten. Sie geht davon aus, das jedes „Ding“ oder „Wesen“ in seiner individuellen Lage jeweils (1.) aus „subjektiver“ Innensicht und (2.) „objektiver“ biologisch-materieller Außenperspektive, sowie (3.) vor seinem kulturellen Hintergrund und (4.) seiner sozialen Struktur betrachtet werden muss, um ein vollständiges Bild zu finden. Diese Blickwinkel sind zunächst „inhaltsleer“ und in sich völlig bedeutungslos, nur am konkreten Beispiel haben sie eine Relevanz (fundierte – und wichtige – Kritiken an der Integralen Theorie gibt es bei Frank Visser).

Für eine Mieke Mosmuller ist nur das hier von mir (1.) genannte von Belang: „Geist“ aus der Innensicht eines Rudolf Steiner ist über jedes andere Individuum, jeden „Kontext“ und jede Annäherung, die nicht auf Steiners Grundlage ruht, erhaben. Hier ist scheinbar alles schon festgelegt, das meditative „Eintauchen“ fördert nur von Steiner „erkannte“ „Individuen“ zutage. Alles bewegt sich – in Abgrenzung zu „inhaltsleeren“, „abstrakten“, aber offenen Weltsichten – in festgelegten kosmischen Bahnen und muss nur abgeleitet werden, denn „Rudolf Steiner [findet] die Fülle der Wirklichkeit und das Wesen auch der kleinsten Erscheinung.“ (s.o.). Adorno – bei Wilber wohl im Kontext „postmodern-relativistischer“ Weltsichten, bei Steiner wohl im Reich „Ahrimans“ zu finden, schrieb in seinen ansonsten nicht sonderlich brillianten „Thesen wider den Okkultismus“:

„Die rechtsprechende Vernunft, die zum Begriff des einen Gottes sich erhoben hatte, scheint in dessen Sturz hineingerissen. Geist dissoziiert sich in Geister und büßt darüber die Fähigkeit ein zu erkennen, daß es jene nicht gibt. (…) Was in der zum Produkt geronnenen Welt vergessen ward, ihr Produziertsein durch Menschen, wird abgespalten, verkehrt erinnert, als ein Ansichseiendes dem An sich der Objekte hinzugefügt und gleichgestellt. Weil diese unterm Strahl der Vernunft erkaltet sind, den Schein des Beseelten verloren haben, wird das Beseelende, ihre gesellschaftliche Qualität, als natürlich-übernatürliche verselbständigt, Ding unter Dingen. (…)

Erkenntnis hat kein Licht, als das von der Erlösung her auf die Welt scheint: alles andere erschöpft sich in der Nachkonstruktion und bleibt ein Stück Technik. Perspektiven müßten hergestellt werden, in denen die Welt sich versetzt, verfremdet, ihre Risse und Schründe offenbart (…) Ohne Willkür und Gewalt, ganz aus der Fühlung mit den Gegenständen heraus solche Perspektiven zu gewinnen, darauf allein kommt es dem Denken an.“ (Theodor Adorno: Minima Moralia – Hervorhebungen A.M.)

Und so wie Wilber sich für Mosmuller dann zu den Heerscharen Luzifers gesellt („Ken Wilber kann man nicht davon überzeugen, dass es Christus gibt, denn er leugnet die Welten, die man betreten muss, um ihn zu finden. Die Frage ist: In welche Welten führt Ken Wilber uns eigentlich hinein? Die Erleuchtung, die er beschreibt, führt zum Formlosen und zum Nichtdualen (…) sie führt also zu Luzifer.“ Mosmuller: Arabeske – Das Integral Ken Wilbers, Occident Verlag, Baarle Nassau 2009, S. 202), können wir bei Mosmuller und Niederhausen mit Wilber die klassischen Merkmale einer sog. „mythisch-absolutistischen“ Weltsicht konstatieren – wofür es freilich weder viel „integrales“ Auffassungsvermögen noch Akasha-Recherchen braucht. Oder wir könnten Mosmuller (und das ist vielleicht die beste Haltung überhaupt ihren Publikationen und dem „Europäer“ insgesamt gegenüber) frei nach Peter Sloderdijk als meditative „Gleichgültigkeitsmaschine“ einsetzen (Eine Art der Meditation) – oder bei Bedarf halt auch nicht.

Noch dies und das

Selbstverständlich war’s das noch nicht mit den Artikeln dieser „Europäer“-Ausgabe. Wer Lust hat, kann auch online die Kolumne „Apropos“ von Boris Bernstein lesen, die in dieser Ausgabe unter dem Titel „Mord per Grippeimpfung“ startete, sich im Artikel „Von Schweinen und Dämonen“ (Claudia Törpel) an Visionen des „Heiligen Antonius“ mit heutigen „Angstdämonen“ auseinandersetzen (S. 26-28 – dieser Artikel ist inhaltlich-symbolisch sogar meiner Meinung nach der am ehesten interessanteste im März-„Europäer“) und mit Erstaunen feststellen, dass Bakterien u.ä. Dämonen „Ahrimans“ sind (S. 28, Fußn. 15). Schließlich gibt es noch einen längeren Leserbrief des anthroposophischen Autors Peter Tradowski, der sich in „sieben Thesen“ für Judith von Halle (s.o.) einsetzt, die offenbar von Mosmuller und Meyer in der Europäer- Januar 2010-Ausgabe scharf kritisiert worden war – offenbar ist die Redaktion also auch mal bereit, inhaltliche Kritik zu drucken, zumindest, solange sie sich im anthroposophischen Spektrum geschieht. Sicher lohnte das alles eine eigene Betrachtung, aber dieser Artikel wird eh schon lang genug.

Neues zum April:

Meyer, Heise und die Synarchisten

Das waren also die Highlights der März-Ausgabe. In der für April 2010 geht es aber ähnlich lustig weiter – ich dokumentiere diesen Fall, weil er mir symptomatisch erscheint. Wieder einmal die antideutsche Weltverschwörung wird von Thomas Meyer  in einem Artikel über die Zertrümmerung Mitteleuropas „entlarvt“. Hier (siehe Link) wird eine Karte von 1919 abgedruckt, die die geplante völlige Zerstörung/Besetzung oder ähnliches Mitteleuropas durch die bösen Entente-Mächte zeigt. Detailliert wird aufgezählt, wie genau diese „angloamerikanisch“ gesteuerten Weltmächte planen, Spanien zu beherrschen (der spanische Bürgerkrieg etwa war von diesen gesteuert, um letztlich ein Südosteuropäisches Reich weit in Süddeutschland hinein zu errichten) ja, auch die neueste amerikanische Außenpolitik sei nur Mittel zu dem Zweck, Deutschland klein zu halten:

„Man täusche sich aber nicht: Der inzwischen entfesselte Krieg gegen den Terrorismus (d.h. gegen Islamistan [!]) und das Provozieren eines starken China stehen keineswegs im Widerspruch zu den von Steiner gekennzeichneten strategischen Hauptzielen, sondern sind weitere Mittel auf dem Wege zu deren erhofften ‚endgültigen‘ Umsetzung. Deutschland ist vom Status des ‚kleinsten Hindernisses‘ zu dem eines aktiven Vollstreckungsgehilfen westlicher Intentionen übergegangen (Engagement in Afghanistan); und der programmierte Konflikt mit China soll dieses nicht zuletzt einflussmäßig auch aus der slawischen Sphäre heraushalten, die zu beherrschen eben Aufgabe des angloamerikanischen Elementes sei.“ (ebd., S. 35)

Besagte Karte wurde zwar ominöserweise und mit der bedeutsam-wichtigen Aufschrift „Original“ in Aufzeichnungen Polzer-Hoditz‘ gefunden, wurde aber nachweislich in Karl Heises Buch „Die Entente-Freimaurerei und der Weltkrieg“ (Basel 1919) veröffentlicht (diesen Namen bitte merken^^). Meyer berichtet, dass Steiner hat für Heises Buch „nicht nur die Karte und ein (ungezeichnetes) Vorwort beigesteuert, sondern auch den Druck mitfinanziert“ habe. Auch Renate Riemeck habe die Karte in ihr „bedeutendes Buch“ „Mitteleuropa – Bilanz eines Jahrhunderts“ abdrucken lassen. Interessant ist hier weniger die Person Renate Riemeck (vgl. zu ihr Bracker: Ein weiterer Fall), als die des Ariosophen Karl Heise (bei Meyer „Heyse“). Um zu zeigen, in welches Milieu die hier im „Europäer“ bemühten Quellen und Theorien gehen, will ich im folgenden Heises geistigen Werdegang skizzieren.

Karl Heise – eine Brücke zwischen Antifreimaurerei, Ariosophie und Anthroposophie

Dieser war in der sexistisch-rassistischen „Guido von List“-Gesellschaft aktiv, deren Namensgeber in seinen mystisch-okkulten Werken und Phantasien über die dualistische Erschaffung der Welt und die Rückkehr der lichten Arier KZs und Weltkriege in makaberer Präzision vorwegträumte (Nicholas Goodrick-Clarke: Die okkulten Wurzeln des Nationalsozialismus (1982), Marix Verlag, Wiesbaden 2004, übersetzt von Susanne Mörth, S. 44f.). Bei Zürich leitete Heise mit seinem Bruder Heinrich eine lebensreformerische Vegetarierkommune namens „Aryana“, der ein gleichnamiger esoterischer Verlag angegliedert war (ebd., S. 53f.). Eine Weile war Heise Vertreter des 1844 in Chicago von Otto Hanisch begründeten Mazdaznankultes, der die „persischen Arier“ vergötterte und als Projekt einer „östlich“ orientierten, „zarathustrischen“ Ariosophie gedeutet werden kann (ebd., S. 221, ausführlicher Lorenzo Ravagli: Unter Hammer und Hakenkreuz, Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2004, S. 196f. Zu Heises okkultfaschistischem Umfeld auch Helmut Zander: Sozialdarwinistische Rassentheorien) Auch Heises Schriften dieser Zeit kreisen die Themen um Arier, Sonnenanbetung, Astralkörper und Wunder (Goodrick-Clarke, a.a.O., S. 221). 1913 bemühte sich Heise erstmals und vorerst erfolglos darum, in Steiners „Esoterische Schule“ aufgenommen zu werden (Ravagli, a.a.O.,S. 130). Am 1.1.1917 trat er in die Anthroposophische Gesellschaft ein und distanzierte sich von Guido List, weil in dessen Umfeld Polemiken gegen Steiners angeblich „jüdische“ Herkunft und angeblich maurerisches Antideutschtum laut wurden (S. 134). Im November führten Steiner und Heise ein offenbar sehr tiefsinniges Gespräch in einem Zürcher Hotel (S. 131), und die Kooperationen gingen weiter. Steiner (als Ex-Hochgradmaurer!) half und unterstützte Heise finanziell (Meyer: Zerstörung Mitteleuropas, s.o.) und schriftstellerisch, ja ideologisch (wikipedia) bei der Verbreitung recht primitiver Thesen:

„Karl Heises 1919 erschienene ‚Entente-Freimaurerei und der Weltkrieg‘, zu dem Steiner eine Vorrede verfaßt hatte und in der Heise behauptete, die internationale Freimaurerei unter dem Primat des englischen Königs Eduard VII. habe die Vernichtung Deutschlands zum Ziel gehabt, wurde auch in der I.T.V. [einer theosophischen Splittergesellschaft, die in den Dreißigern so engagiert wie erfolglos Anschluss an die Nazis suchte – A.M.] als eine Erklärung für die deutsche Niederlage herangezogen, erweitert um das Argument eines damit verbundenen ‚jüdischen Einflusses‘.“ (Helmut Zander: Anthroposophie…, a.a.O., II, S. 306.)

Für den Publizisten Lorenzo Ravagli (Unter Hammer und Hakenkreuz, a.a.O., S. 132f.) ist Steiners Vorwort „so allgemein gehalten, dass es auch ohne Kenntnis des Buchinhaltes geschrieben worden sein könnte“, was zeige, „wie gering sein Interesse an Heises Arbeit im Grunde war“. Dazu ist zu sagen, dass, wer ein zustimmendes Vorwort zu einem Buch schreibt, dann doch genug an Sympathie und Interesse haben muss, um mit dem Buch in Verbindung gebracht werden zu wollen (oder sehr wenig Verantwortungsgefühl). „Allgemein gehalten“ ist es trotzdem:

Steiners Vorwort zu Heises Buch 1918

Das (ungezeichnete) Vorwort Steiners bleibt in der Tat recht allgemein und vorsichtig, problematischer sind seine indirekten Einflüsse auf den Inhalt von Heises Buch...

Aber das ist nur die eine Seite – so merkt etwa Ravagli selbst vorher an (ebd., S. 130), dass die wesentliche Anregung für das Buch – das von antifreimaurerischen und antijüdischen Polemiken strotzte – Vorträge Steiners über „die geistigen Hintergründe des Ersten Weltkriegs“  gewesen seien (die m.E. nach die schärfste Konkretisierung von Steiners Rassentheorie enthalten, siehe Ahriman, Avitchis und die Apokalypse). Ravagli erwähnt, dass von Steiner erläuterte „geopolitische Karten“ (vgl. GA 173, 1. Vortrag), auf die Heise in seinem Buch Bezug nahm, eine Schlüsselrolle für das Zustandekommen und den Inhalt des Buches hatten – die Beschreibung ist identisch mit eben jenen Karten, die Meyer in seinem Artikel über die antimitteleuropäischen Aktivitäten „Angloamerikas“ bemüht! Der Einfluss des Steinerschen Gedankenguts war also doch größer und erheblich problematischer, als das Vorwort vermuten lässt…

Das Buch zur „Entente-Freimaurerei“ wurde wohlwollend in allerlei alldeutschen Medien und sogar dem nationalsozialistischen „Völkischen Beobachter“ besprochen (Belege bei Von Bieberstein: Die These von der freimaurerischen Verschwörung). Im Anschluss an die durchaus auch vorhandenen universalistischen Töne der Steinerschen Zukunfts“visionen“ über die Verbrüderung der Menschheit und die Überwindung aller sich bekämpfenden Gruppeninteressen forderte Heise in seinen späten, nun fast gänzlich anthroposophischen Büchern dazu auf, „Rassencharaktere“ zu überwinden und zu göttlichem Internationalismus vorzustoßen (er selbst will eine meditative Christusbegegnung gehabt haben) – wobei er den guten alten theosophischen Wurzelrassentheoremen natürlich treu blieb (völlig verklärte Beschreibung bei Ravagli, a.a.O., S. 202-212).  1921 reproduzierte Heise in seinem Buch „Okkultes Logentum“ allerdings seine antifreimaurerischen Verschwörungstheorien, in die er mittlerweile auch die Mazdaznanbewegung einreihte, da sie nur niedere Sexualkräfte anspreche (ebd., S. 199f.). Es ist nebenbei verblüffend, wie wenig er seine Behauptungen reflektierte, wo doch dasselbe Argument von anderen völkisch-theosophischen Agitatoren auch gegen die Anthroposophie vorgebracht wurde.

„Im Februar 1926 studierte (…) [Heinrich Himmler – A.M.] Karl Heises ‚Okkultes Logentum (…). Er verkündete darüber, dass er von dessen Erörterung der guten und bösen Prinzipien, die sich in menschlichen Organisationen manifestierten, viel gelernt habe.“ (James Webb: Das Zeitalter des Irrationalen (1976), Marix Verlag, Wiesbaden 2008, übersetzt von Marco Frenchkowski, S. 372)

Heise: Entente Freimaurerei (Cover)

Heise: Entente Freimaurerei (Cover)

Am 15. Oktober 1933 schickte Heise sein Buch über die „Entente Freimaurerei“ (mit Steiners Vorwort) an Adolf Hitler, weil er das Treiben der „Logen“ immer gern „mit führenden Männern in Deutschland direkt“ besprochen habe und darauf hinweisen wolle, dass Steiner der „einzig wirklich Wissende“ gewesen sei. Hitlers Einschätzung liegt leider nicht vor, er hat das Buch aufgrund dienstlicher „Inanspruchname“ nicht gelesen (Heise zit. nach Ravagli: Unter Hammer und Hakenkreuz, a.a.O., S. 212, S. 372). Dafür war der Naziideologe Alfred Rosenberg in seinem Aufsatz „Die Protokolle der Weisen von Zion und die jüdische Weltpolitik“ geradezu begeistert von Heises Opus, empfahl es unbedingt als Lektüre und Informationsschrift (siehe Link). Heise und Rosenberg hatten zusammen in früheren Jahren schon einen „Leitfaden“ zur Freimaurerei aus völkischer Perspektive vorgelegt (wikipedia). 1982 wurde Heises Buch über die „Entente-Freimaurerei“ im rechten „Verlag für ganzheitliche Forschung und Kultur“ nachgedruckt.

Auch AnthroposophInnen haben schließlich vernichtende Analysen von Heises Buch vorgelegt, seine Verschöwungsthesen und seinen Antisemitismus aufgedeckt (Manfred Spalinger: Karl Heises „Entente-Freimaurerei und Weltkrieg“ – Versuch einer Beurteilung). Einmal wurde derartiges sogar im „Europäer“ erwähnt (Bracher: Der ‚Völkische Beobachter‘ und Rudolf Steiner).

An Heises Beispiel sieht mensch par excellence, wie weit extrem-deutschnationalistische, antifreimaurerische und antisemitische Elemente in das Geflecht der damaligen Esoterikszene reichten. Und mensch sieht, dass Steiner trotz allen Unabhängigkeitserklärungen gegenüber der restlichen Esoterikszene eben teilweise auch in dieses reaktionäre Geflecht verstrickt war.

„Zum ersten wäre eine nationalistische Tendenz zu nennen. Das Weltbild Heises ist, wie seine ‚Geheimkarte‘ [d.h. die, die nun auch im „Europäer“ abgedruckt ist – A.M.], schwarz-weiß. Alles, was in Beziehung mit den Entente-Staaten steht, ist schlecht, steht unter dem Einfluss der egoistischen Sonderinteressen der geheimen „lnversive Brethren“; alles, was mit Mitteleuropa zu tun hat, ist gut.“ (Spalinger)

Umso schockierender, wenn AnthroposophInnen auf diese Verbindungen auch heute noch positiv Bezug nehmen und die Verschwörungstheorien, die schon einmal am Zustandekommen recht grausiger geschichtlicher Situationen beteiligt waren, derart explizit aufnehmen und weiterspinnen. Gewiss wollen Meyer und Kollegen keine Nazi-Verklärung betreiben, was sie schreiben, hat auch keineswegs die „Schärfe“ der nationalokkultistischen Ariosophie, aber ein Karl Heise hat zu produktiv zum Entstehen all der Mythen beigetragen, die dem Dritten Reich mit den Weg ebneten, um ohne inhaltliche Distanzierung so nah mit seinen Materialien zu arbeiten, sogar zustimmend Karten abzudrucken!

Eine unfreiwillig komische Pointe des Artikels von Meyer liegt freilich darin, dass das von ihm  (S. 33) als mitverantwortlich für die antideutsche Weltverschwörung erklärte „synarchische Gedankengut“ Saint Yves d’Alveydre  (1842-1909) praktisch strukturgleich mit Steiners Gesellschaftsutopie von der „Dreigliederung der Sozialen Organismus“ war, ja letztere die Synarchie (Steiner kannte Alveydres Schüler Papus (1865-1916) – letzterer war kurzzeitig Theosoph und übernahm zu Steiners Freimaurerzeiten die Leitung des französischen Memphis-Misraim-Zweiges, vgl. Zander, a.a.O., II, S. 987f) inhaltlich zumindest rezipiert oder sogar „ganz und gar (…) übernommen“ hat (so James Webb: Das Zeitalter des Irrationalen, a.a.O., S. 337f). Ob wir deshalb auch Steiner zu den Agenten des angloamerikanischen Antideutschtums erklären müssen, bleibt freilich höheren Eingeweihten überlassen.

Warum schreibe ich diesen Blogeintrag?

Um es abschließend noch einmal allgemein zu formulieren: Die Artikel im „Europäer“ zeigen, dass die problematischen Implikationen von Steiners „spirituellem“ Evolutionsmodell auch heute noch Leute finden, die sie als ihre eigene Position weitertragen. Spekulationen über karmisch zu erklärenden Völkermord, antiamerikanische Theoreme und Äußerungen über atlantische „Rassenformen“ werden auch heute nicht durchgängig abgelehnt oder auch nur apologetisch in ihr Gegenteil uminterpretiert (dazu Rudolf Steiners Rassenlehre), sondern auch von manchen heutigen AnthroposophInnen als gewichtiger Beitrag und Inhalt der Anthroposophie hochgehalten. Das wiederum zeigt, dass die Debatte um Steiners Evolutionskonzept nach wie vor aktuelle Relevanz hätte und weiter mit Deutlichkeit geführt werden muss!

Irrationale Systeme [gehorchen] einer internen Logik (…). Bereits diese Tatsache sollte jeden Interessierten, der glaubt, der Begriff ‚Irrationalismus‘ sei gleichbedeutend mit ’spinniert‘ oder ‚wahnsinnig‘, eines besseren belehren. (…) Es scheint eine gewisse Wahrheit in dem Argument zu stecken, dass ‚der Mensch nicht vom Brot allein lebt‘, sondern neben der Gewissheit, mit den Problemen des physischen Überlebens fertigzuwerden, eine weitere Sicherheit braucht. (…) Der schöpferische Geist macht Ausfälle [Meditation! – A.M.] aus dem Universum der allgemein anerkannten Wirklichkeit in private Welten der Phantasie mit dem Vorsatz, Teile dessen, was er dort entdeckt, mitzubringen und zur Erweiterung der etablierten Sichtweise zu benutzen. (…) Hier ist nicht der Ort, um über die persönliche Suche der Okkultisten zu urteilen. Es bleibt jedoch der Eindruck, dass die meisten in ihren privaten Welten gefangen waren und nur traurig schwache Beweise für die Macht der Phantasie hervorbrachten. Es gibt zu viele Versuche, die Vernunft zu zerstören, anstatt sie auszudehnen. (…) Wir sollten bewusst, aber vorsichtig auf die Suche nach neuen Möglichkeiten gehen. Für jedes neu entdeckte Lied gibt es hundert mögliche Kakophonien. Schließlich war es der Schall der Trompeten, der die Mauern von Jericho zum Einsturz brachte.“ (James Webb: Das Zeitalter des Irrationalen, a.a.O., S. 560 – 588 – Hervorhebungen A.M.)

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Erziehung und Evolution – Steiners „Jahrsiebte“ und die „Chimäre der Ganzheitlichkeit“ zwischen Autorität, Selbsterziehung und Biologismus Missbrauch und Reformpädagogik – Eine „Collage“ zu Waldorf, Odenwaldschule und Steinerscher Sexualmoral

16 Kommentare Add your own

  • 1. Andreas Lichte  |  21. April 2010 um 12:27 pm

    @ Ansgar Martins

    Im Text gibt es Passagen, die für Laien unverständlich sind. Zum Beispiel:

    „»In der Werteskala des Vortrages steht der europäische Materialist am tiefsten, nicht am höchsten . (…) Außerdem weißt Steiner ausdrücklich darauf hin, dass sich seine Schilderungen nur auf den Körper des Menschen beziehen, nicht auf Seele und Geist.«

    (Stellungnahme der Rudolf Steiner-Nachlassverwaltung zum BPjM-Verfahren um die Indizierung zweier Steiner-Bände, 23,04.2007, 782/06 und 783/06, Az. 504-2335-01/804, S. 13)“

    Dr. Walter Kugler, Leiter des Rudolf Steiner Archivs in Dornach, bestätigte mir, dass Lorenzo Ravagli der Autor der Stellungnahme der Rudolf Steiner-Nachlassverwaltung zum BPjM-Verfahren um die Indizierung zweier Steiner-Bände ist.

    Anmerkung A.M.

    Dafür hab ich ja dich =) Ich hatte das nur grau und in Klammern als Quellenangabe genommen, um nicht näher auf das Verfahren eingehen zu müssen, denn der Artikel sollte nicht noch mehr verlängert werden und diese Äußerung ist ja nichts, was an der Stellungnahme besonders wäre, sondern eher Konsens bei vielen diesbezüglichen anthroposophischen Äußerungen.

    Antworten
  • 2. Andreas Lichte  |  21. April 2010 um 12:30 pm

    @ Ansgar Martins

    … auch musst du dem Laien erklären, was das „BPjM-Verfahren um die Indizierung zweier Steiner-Bände“ überhaupt ist. Eine Zusammenfassung davon wäre nötig:

    Aus der Entscheidung der „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ (BPjM) zu Rudolf Steiner, „Geisteswissenschaftliche Menschenkunde“:

    „Nach § 18 Abs. 1 S. 2 JuSchG sind Medien jugendgefährdend, wenn sie unsittlich sind, verrohend wirken, zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizen.

    Der Inhalt des Buches ist nach Ansicht des 12er-Gremiums in Teilen als zum Rassenhass anreizend bzw. als Rassen diskriminierend anzusehen.

    Der Begriff der zum Rassenhass anreizenden Medien konkretisiert das allgemeine verfassungsrechtliche Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG. Mithin ist der Begriff „Rasse“ weit auszulegen. Zum Rassenhass anreizende Träger- und Telemedien sind solche, die geeignet sind, eine gesteigerte, über die bloße Ablehnung oder Verachtung hinausgehende feindselige Haltung gegen eine durch ihre Nationalität, Religion oder ihr Volkstum bestimmte Gruppe zu erzeugen, welche zugleich bei Kindern und Jugendlichen einen geistigen Nährboden für die Bereitschaft zu Exzessen gegenüber diesen Gruppen schafft (Nikles, Roll, Spürck, Umbach; Jugendschutzrecht, 2. Auflage; § 18 Rn. 5). Ein Medium reizt mithin zum Rassenhass an, d.h. stellt Rassenhass als nachahmenswert dar, wenn darin Menschen wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer anderen Rasse, Nation, Glaubensgemeinschaft o.ä. als minderwertig und verächtlich dargestellt oder diskriminiert werden (Ukrow, Jugendschutzrecht, Rn. 284). Auch wenn ein Medium nicht direkt zum Rassenhass anreizt oder aufstachelt, fällt es dennoch unter § 18 Abs. 1 S. 1 JuSchG, wenn es das namentlich aus Art. 3 und 4 GG ersichtliche Toleranzgebot der Verfassung z.B. dadurch verletzt, dass es Kinder und Jugendliche dazu verleitet, andere zu missachten, die eine andere Hautfarbe, einen anderen Glauben und eine andere Weltanschauung haben (Ukrow; a.a.O.; Rn. 284).

    Nach Auffassung des Gremiums finden sich im Achtzehnten Vortrag vom 3.5.1909 (S. 277-294) Textpassagen, die aus heutiger Sicht als Rassen diskriminierend einzustufen sind, weil der Autor darin Menschen verschiedener ethnischer Herkunft aufgrund körperlicher Merkmale in unterschiedliche Wertungsstufen einteilt. Dort wird u.a. ausgeführt:

    Was wäre nun geschehen, wenn nun keine Veränderung innerhalb der Erdentwickelung eingetreten wäre? Dann hätten überhaupt die besten der Seelen der polarischen Länder nicht hineinsteigen können in eine physische Körperlichkeit. Und auf der anderen Seite wäre sozusagen die Bevölkerung um den Äquator herum mehr oder weniger dem Untergange verfallen. Weil sie zu früh in eine physische Leiblichkeit hinuntergestiegen war, verfiel sie ja gerade in jene Laster und Untugenden, die zum Untergange von Lemurien geführt haben. Und die Folge war, dass der beste Teil der Bevölkerung auswanderte in jene Gegenden, die zwischen dem Äquator und den nördlichen Ländern lagen. Denn in den lemurischen Zeiten haben wir die zukunftssichersten Glieder der Menschheit in den Zwischenländern zwischen dem Äquator und dem Nordpol. Gerade am besten entwickelten sich die Menschenleiber, die dann wieder Träger werden konnten der besten Menschenseelen, in jenen Gegenden der alten Atlantis, die in der heute sogenannten gemäßigten Zone lagen. (S. 283)

    Diejenigen Völker, bei denen der Ich-Trieb zu stark entwickelt war und von innen heraus den ganzen Menschen durchdrang und ihm die Ichheit, die Egoität aufprägte, die wanderten allmählich nach Westen, und das wurde die Bevölkerung, die in ihren letzten Resten auftritt als die indianische Bevölkerung Amerikas. Die Menschen, welche ihr Ich-Gefühl zu gering ausgebildet hatten, wanderten nach dem Osten, und die übriggebliebenen Reste von diesen Menschen sind die nachherige Negerbevölkerung Afrikas geworden. Bis in die körperlichen Eigenschaften hinein tritt das zutage, wenn man die Dinge wirklich geisteswissenschaftlich betrachtet. Wenn der Mensch sein Inneres ganz ausprägt in seiner Physiognomie, in seiner Körperoberfläche, dann durchdringt das gleichsam mit der Farbe der Innerlichkeit sein Äußeres. Die Farbe der Egoität ist aber die rote, die kupferrote oder auch die gelblichbraune Farbe. Daher kann tatsächlich eine zu starke Egoität, die von irgendeinem gekränkten Ehrgefühl herrührt, auch heute noch den Menschen von innen heraus sozusagen gelb vor Ärger machen. Das sind Erscheinungen, die durchaus miteinander zusammenhängen: die Kupferfarbe derjenigen Völker, die nach Westen hinübergewandert waren, und das Gelb bei dem Menschen, dem die „Galle überläuft“, wie man sagt, dessen Inneres sich daher bis in seine Haut ausprägt. Diejenigen Menschen aber, die ihre Ich-Wesenheit zu schwach entwickelt hatten, die den Sonneneinwirkungen zu sehr ausgesetzt waren, sie waren wie Pflanzen: sie setzten unter ihrer Haut zuviel kohlenstoffartige Bestandteile ab und wurden schwarz. Daher sind die Neger schwarz. – So haben wir auf der einen Seite östlich von Atlantis in der schwarzen Negerbevölkerung, auf der andern Seite westlich von Atlantis in den kupferroten Völkern Überreste von solchen Menschen, die nicht in einem normalen Maße das Ich-Gefühl entwickelt hatten. Mit den Normalmenschen war am meisten zu machen. Sie wurden daher auch dazu ausersehen, von dem bekannten Orte in Asien aus die verschiedenen anderen Gebiete zu durchsetzen. (S. 286)

    Diejenigen, die nach dem Osten hinüberwanderten und die schwarze Bevölkerung wurden, waren stark beeinflussbar durch die Außenwelt, besonders für die Sonnenwirkung, gerade weil sie ein geringes Ich-Gefühl hatten. Nun aber wanderten in dieselben Gegenden, wenigstens in dieser Richtung, Völkerschaften, die ein starkes Ich-Gefühl hatten. Das ist eine Bevölkerung, die sozusagen die östliche Richtung der westlichen vorgezogen hat. Diese hat gemildert die kupferrote Farbe, welche sie bekommen hätte, wenn sie nach Westen gezogen wäre. Und aus ihr entsprang jene Bevölkerung, die ein starkes Ich-Gefühl hatte, das sich die Waagschale hielt mit dem Hingegebensein an die Außenwelt. Das ist die Bevölkerung Europas, von der wir im letzten öffentlichen Vortrag sagen konnten, dass das starke Persönlichkeitsgefühl von Anfang an bei ihr das Wesentliche war. (S. 287)

    Sehen Sie sich diese Farben an, von den Negern angefangen bis zu der gelben Bevölkerung hin, die in Asien zu finden ist. Daher haben Sie dort Leiber, die wiederum Hüllen der verschiedensten Seelen sind, von der ganz passiven Negerseele angefangen, die völlig der Umgebung, der äußeren Physis hingegeben ist, bis zu den anderen Stufen der passiven Seelen in den verschiedensten Gegenden Asiens. (…) So dass wir im Grunde genommen zwei Gruppen von Bevölkerungen haben, welche die verschiedenen Mischungsverhältnisse darstellen: auf europäischem Boden die einen, welche den Grundstock der weißen Bevölkerung bildeten, die das Persönlichkeitsgefühl am stärksten ausgebildet hatten, aber sich nicht dort hinwandten, wo das Persönlichkeitsgefühl den ganzen Leib durchdrang, sondern wo das Ich-Gefühl sich mehr verinnerlichte. Daher haben Sie in Westasien, zum Teil auch in den älteren Zeiten in Nordafrika und in den europäischen Gegenden eine Bevölkerung, die innerlich ein starkes Ich-Gefühl hat, aber äußerlich im Grunde genommen wenig sich verliert an die Umgebung, die innerlich starke und gefestigte Naturen sind, aber diesen inneren Charakter nicht der äußeren Leiblichkeit aufgeprägt haben. Dagegen haben wir in Asien Bevölkerungen, die passive, hingebende Naturen sind, bei denen gerade das Passive im höheren Grade zum Ausdruck kommt. (S. 288)

    Wenn wir jetzt in die Zeiten zurückschauen, können wir sagen: Daran, dass gewisse Bevölkerungsteile der Erde nicht die Möglichkeit gefunden haben, richtig mit der Erdentwickelung Schritt zu halten in der Herausentwickelung ihres Ichs, daran können wir uns die Lehre nehmen, wie viel verfehlt werden kann in bezug auf die Entwickelung des höheren Ichs aus dem niederen Ich. (S. 291)

    Da gab es zum Beispiel in der alten Atlantis Völker, die dann zu Indianern geworden sind, die sich sozusagen verloren haben von der Erdenbevölkerung. (…) Und sie haben dieses Ich so stark entwickelt, dass es bei ihnen bis in die Hautfarbe gegangen ist: sie wurden eben kupferrot. Sie haben sich in der Dekadenz entwickelt. (S. 291/292)

    Das andere Extrem waren die, welche da sagten: Ach, das Ich ist nichts wert! Das Ich muss sich selber ganz verlieren, muss ganz und gar aufgehen, muss sich alles sagen lassen von außen! – In Wirklichkeit haben sie es nicht gesagt, denn sie reflektierten ja nicht so. Aber das sind die, welche so ihr Ich verleugnet haben, dass sie schwarz davon wurden, weil die äußeren Kräfte, die von der Sonne auf die Erde kommen, sie eben schwarz machten. Nur diejenigen, welche imstande waren, die Balance zu halten in bezug auf ihr Ich, das waren die, welche sich in die Zukunft hinein entwickeln konnten. (S. 292)

    Da gab es auch schon diese drei Teile unter den Menschen: Die einen, die ihr Ich wirklich entwickeln wollten, Neues und immer Neues aufnahmen und dadurch wirklich zu Trägern der nachatlantischen Kultur wurden. Es gab die anderen, die ihren Gottmenschen nur aus sich sprechen lassen wollten, und ihr Ich durchdrang sie mit der kupferroten Farbe. Und die dritten, welche nur nach außen hin den Sinn wandten, und dieser Teil wurde schwarz. (S. 294)“

    Antworten
  • 3. S.E.  |  22. April 2010 um 7:11 am

    Hallo Ansgar,

    Der Artikel ist natürlich wieder sehr … lang^^ Aber gut und das was drin steht ziemlich krass (vor allem das zum Judentum). Mir sind 2 Fragen geblieben:

    – Warum kann der „Europäer“ in der anthroposophischen Gesellschaft eine Diskussion auslösen, ob INFO 3 ausgeschlossen wird, aber niemand denkt darüber nach, den Europäer auszuschließen?

    – Wie bekannt ist die Zeitschrift bei Anthroposophen. Ich hab bisher noch nichts davon gehört, aber das sagt ja nicht viel^^

    Antworten
  • 4. Mein Parteibuch  |  24. April 2010 um 12:03 am

    Hallo Ansgar,

    ich befürchte, du hast dich im Dickicht der Rassisten veriirt und nicht mal ansatzweise begriffen, wofür wir stehen. Wie wäre es mit einem Abgleich zur Realität?

    1. Sind folgendes antiamerikanistische Verschwörungstheorien?
    – Zusammengelogene Massenvernichtungswaffen im Irak
    – Unaufgeklärtes Gladio
    – Propagandaerfindung Brutkastenlüge
    – Erfundener Zwischenfall im Golf von Tonkin
    – Operation Mockingbird

    2. Antizionismus
    – Sind unterschiedliche ezrahut und le’um-Gesetze kein Rassimus?
    – Ist Besatzung und Vertreibung zu rechtfertigen?
    – ist ethnische Säuberung zu rechtfertigen?

    Zionismus ist aus dem gleichen Schoß gekrochen wie früher Ford und Hitler und heute “Der Europäer”: Rassismus. Zur Wurzel des Zionismus siehe: Lenni Brenner „Zionismus in the age of the dictators“.

    Beste Grüße
    Ein Katzenfreund

    Anmerkung A.M.

    Hallo,

    Ich will in diesem Artikel keine Apologie von Kriegsverbrechen vorlegen – die es auf isarelischer und amerikanischer Seite durchaus gibt – und ich will auch nicht behaupten, dass „Mein Parteibuch“ völkische Esoteriker im Quellenverzeichnis aufführt. Nach Lektüre einiger Ihrer Blogeinträge und kursorischer Durchsicht einiger Kategorien finde ich die Gesamtsituationen im „Parteibuch“ aber recht einseitig dargestellt und auffällig in einem Ton und einer Darstellungsart gehalten, die ich als „verschwörungstheoretisch“ einordnen würde.

    Zu 2. Es gibt deutliche Unterschiede zwischen dem Zionismus eines Asher Ginzberg (Achad Haam), Ahron David Gordon oder Martin Buber, (der im Großen keine Form nationalstaatlicher Organisation anstrebte sondern auf eine moralisch-ethische Vervollkommnung und Erneuerung des Individuums abzielte) und dem Zionismus zB des frühen „Likud-Blocks“ oder Extremeres. Der Zionismus als angeblich homogene Bewegung entstand als Reaktion auf die Ausgrenzung „jüdischer“ Kulturformen (tatsächlicher und unterstellter) durch hegemoniale „europäische“ „Kultur“ oder nationale Chauvinismen. Insofern halte ich es für sehr kurzsichtig, ihn ursächlich hier einzuordnen – wobei ich wie gesagt keine der real unter „zionistischer“ und israelischer Flagge verübten Verbrechen schönreden will und auch einen als „Reaktion“ erklärbare Nationalismus als solchen nicht gut heiße.

    Aber vielen Dank für Deine Rückmeldung!

    Antworten
  • 5. Gertrud Kiefer-Volkert  |  11. Mai 2010 um 2:26 pm

    Dieser Artikel, der im Zusammenhang mit Informationen eines anthroposophischen Reiseveranstalters veröffentlicht ist, findet sich iin: Anthroposophie 2/2003

    „Spuren des Zarathustra-Impulses in der Geistesgeschichte. Ein Überblick.

    Der Weltteil zwischen dem östlichen Mittelmeer und dem Golf von Bengalen, zwischen Indischem Ozean und Kaspischen Meer, wie ihn in etwa die Karte vom Anfang des 19. Jahrhunderts wiedergibt (in manchen Details nicht korrekt, und ohne Ägypten und Europa), bildet in unseren Tagen den Schauplatz mancher die ganze Welt bewegender Konflikte, von Palästina bis Kaschmir, vom Kaukasus bis Afghanistan und dem Irak. In früheren Jahrtausenden jedoch gab er den Boden ab für die aufeinander folgenden nachatlantischen Kulturperioden im Sinne Rudolf Steiners: der von den sieben heiligen Rishis inspirierten urindischen, der von Zarathustra inspirierten urpersischen und der altorientalischen (ägyptisch-chaldäischen). Zudem spielten sich hier weseentliche Ereignisse und Entwicklungen innerhalb der vierten, der griechisch-römischen Kulturperiode ab, beispielsweise die Herausbildung des persischen Großreiches, die Feldzüge Alexanders des Großen bis zum Indus, die Entstehung und Ausbreitung des Buddhismus ebenso wie die des Islam, die Mission des hebräischen Volkes und das Mysterium von Golgatha.

    Eine geographisch wie geisteswissenschaftlich zentrale Stellung nimmt dabei das persische Hochland ein, wobei Persien in früheren Zeiten allerdings ein weit größeres Gebiet umfasste als der heutige Staat Iran (Perser/Farsi) und Iraner sind beides sehr alte Bezeichnungen für das kulturtragende Volk): das heutige Afghanistan gehörte ebenso dazu wie die nordwestlichen Teile des indischen Subkontinents, im Nordosten Turan, Turkestan, Usbekistan, bis hin zu den Steppen Zentralasiens, im Westen für lange Jahrhunderte auch das Zweistromland. Der Ur-Zarathustra lebte etwa in der Mitte des 7. Jahrtausends vor Christus, also noch in der urindischen Epoche (dies entspricht auch den Angaben antiker Autoren, von Xanthos bis Plinius). Er war der Lieblingsschüler (Steiner) des großen Urweisen Manu und wurde in sieben aufeinanderfolgenden Inkarnationen in die Lehren der heiligen Rishis eingeweiht. So vorbereitet, konnte er in einer übernächsten Inkarnation hinter der äußeren physischen Sonne den großen Sonnengeist erkennen, den er Ahura Mazdao nannte und der im Kampf mit den mächten der Finsternis, Angru Majnu oder Ahriman, erlebte. Seine Schüler wurden in späterer Inkarnation als hermes Inspirator des ägyptischen und als Moses jener des hebräischen Volkes.

    Zarathustra lehrte die Völker seines Umkreises im Sinne des Menschehitsfortschrittes auch, den Blick auf die Erde zu richten und etwa ihre Nahrung selbst anzubauen. Diese Entwicklung läßt sich auch äußerlich historisch-archäologisch feststellen in einem Prozeß der Sesshaftwerdung der (matriarchalischen) Bevölkerung zwischen östlichem Mittelmeer und Indus, der von Wildgetreide ausgehenden Züchtung von Brotfrucht sowie der Zähmung, Züchtung und Herdenhaltung von Ziege, Schaf und Rind. Ihre größte Dynamik hatte diese Entwicklung in der späteren urpersischen Epoche des 4. und 3. Jahrtausends vor Christus. Es gab damals freilich noch kein Staatengebilde und auch kein persisches Volk. Aus diesen voriranischen Völkern heben sich die auch im Alten Testament etwähnten Elamer oder Elamiter mit der Hauptstadt Susa auf Grund ihrer hochstehenden Kultur (mit eigener Sprache und Schrift sowie eigener Staatenbildung) heraus.

    In einer weiteren Inkarnation um 600 vor Christus bekämpfte der nun historisch fassbare Zarathustra der Religionsgeschichte den Polytheismus und die dekadenten Kultpraktiken der Volksreligion und propagierte die Heiligkeit der Elemente, die nicht verunreinigt werden durften, insbesondere des Feuers. Der Kult der Verehrung des heiligen Feuers wurde in der Folgezeit geradezu das Kennzeichen der zarathustrischen Religion. Auch jetzt noch wirkte Zarathustra, der sich Verteidiger des Rindes nannte, mit Nachdruck auf die Ausübung der Landwirtschaft hin, die zur ersten Voraussetzung die Sesshaftwerdung der immer noch weitgehend nomadisierenden Bevölkerung hatte. Seit der letzten vorchristlichen Jahrtausendwende war von Norden her,
    aus der südrussischen Steppe, ein arisches Reiternomaden-Volk, die Iraner, in das persische Hochland eingedrungen und hatte sich, in zwei Hauptstämme gespalten, als Meder im nördlichen und als die eigentlichen Iraner bzw. Farsi (arabisch Parsi – Perser) im südlichen Zagrosgebirge niedergelassen. Unter der iranischen Herrscherdynastie der Achämeniden, die durch die Unterwerfung zahlreicher Völker ein riesiges Staatengebilde, quasi ein Weltreich errichteten, wurden die Lehren Zarathustras, insbesondere die Verehrung
    von Ahura Mazdao bzw. Ormuzd als höchste Gottheit, zur Identifikationsreligion des iranischen Volkes – nicht aber zur Staatsreligion des persischen Großreiches. Der bedeutendste Achämenidenherrscher und Begründer des Persischen Reiches Kyros II (König von 539 – 529), entließ nach der Unterwerfung Babylons, dessen Stadtgott Marduk, eine Erscheinungsform Michaels, er ostentativ verehrte, das jüdische Volk in die Freiheit und gab ihm überdies die Mittel, den Tempel in Jerusalem wieder aufzubauen. Die Juden dankten es ihm mit den Titeln „Hirte“ und „Gesalbter des Herrn“ (Jesaias). Auch sonst zeichnete sich der Zarathustra-Schüler Kyros gegenüber den unterworfenen Völkern und ihren Herrschern, ihren Religionen und Sitten, in für damals ungewöhnlichem Maße durch Toleranz und Großmut aus. Nicht von ungefähr spricht daher Sigismuns von Gleich vom kosmopolitisch-michaelischen Charakter des von Kyros begründeten Perserreiches.

    Doch bereits unter seinen unmittelbaren Nachfolgern (Kambyses, Xerxes) setzte die geistige Verfinsterung und ahrimanische Verhärtung ein. Das jetzt vorherrschende imperialistische Selbstverständnis der späteren Achämenidenherrscher äußerte sich deutlich in dem – letztlich gescheiterten – Überfall auf die Griechen. Dieses Volk hatte nun, seit dem Anbruch der vierten, griechisch-römischen Kulturepoche, die Führungsrolle in der Bewußtseins- und Kulturentwicklung übernommen. Seine Aufgabe war es, das Verstandesdenken auszubilden: die Philosophie entstand auf griechischem Boden. Einer der ersten Philosophen aber, zumindest der erste, der sich als solcher bezeichnete, Pythagoras, war nach Rudolf Steiner ein Schüler des Zarathustra (bzw. Zarathos oder Nazarathos, wie ihn Rudolf Steiner in dieser Inkarnation bezeichnet). Und es war Aischylos, der erste große Dichter der aus den Mysterien erwachsenen griechischen Tragödie, der nach dem Triumph von Salamis seine Landsleute in dem Schauspiel „Die Perser“ zum Mitgefühl mit dem besiegten Feind mahnte und so zu wahrer Humanität erzog. Der makedonische Grieche Alexander jedoch versetzte dem persischen Reich im Jahre 333 den Todesstoß und zerstörte die glanzvolle Achämenidenresidenz Persepolis. Doch auch unter griechischer Vorherrschaft lebte die Religion Zarathustras fort. Seine Individualität selbst aber verkörperte sich, nun erstmals seit urältesten Zeiten, außerhalb des persischen Gebietes zu ihrer wichtigsten Mission: als der salomonische Jesusknabe des Matthäus-Evangeliums. Die bedeutendsten Schüler dieses Zarathustra (auch Zaratas oder Nazarathos), darunter laut Rudolf Steiner Pythagoras (und folgt man H. Gsänger, ferner Kyros II und der Prophet Daniel) zogen in ihrer neuen Inkarnation als die Weisen aus dem Morgenland nach Bethlehem und huldigten ihrem einstigen Lehrer. Seine Ichheit, seit dem 12. Lebensjahr dem nathanischen Jesusknaben innewohnend, machte im 30. Lebensjahr dem großen Sonnengeist selbst, den er seit Jahrtausenden verehrte, Platz: dem Christus, in dem sich alle Mysterien erfüllten. Auch die Mission des Zarathustra war damit im wesentlichen erfüllt.

    Ab dem dritten nachchristlichen Jahrhundert jedoch, mit der nun wieder iranischen Dynastie der Sassaniden, begann nach Jahrhunderten ruhigen Fortlebens ein unvorhergesehener Aufschwung der zarathustrischen (gr. zoroastrischen) Religion in Persien. Auf dem Gebiet dieses neuen persischen Reiches lebten inzwischen zahlreiche Religonen: neben dem ungebrochen fortlebenden Zarathustrismus bzw. Zoroastrismus das Christentum (besonders in seiner nestorianischen Ausprägung), der Buddhismus in den östlichen Teilen des Reiches, das Judentum sowie die alten babylonischen Gottheiten. Dazu trat, zunächst im babylonischen Reichsteil, ein neuer Prophet auf, dessen Lehre Elemente des Zarathustrismus, des Christentums, der Gnosis und des Buddhismus enthielt: Mani (216 – 276). Seine Sendung
    umriß er, der selbst Perser war, mit den Worten: So wie Buddha nach dem Lande Indien kam, Zarathustra nach dem Lande Persien und Jesus nach den Ländern des Westens, so kam diese Prophezeiung durch mich, Mani, endlich zum Lande Babylonien. Und von sich selber sagte er: Entsprossen bin ich aus dem lande Babel und an der Wahrheit bin ich aufgestellt worden. Ein Sänger bin ich, der aus babel gekommen ist, um in der welt einen Ruf erschallen zu lassen (Fragmente von Turfan).

    Stehen sich bei Zarathustra zwar eine geistige und eine materielle Welt gegenüber, wobei beide Welten in je eine gute und eine böse gespalten sind, so lehrt Mani einen radikalen Dualismus zwischen Geist und Materie, Licht- und Finsterniswelt. Bei ihm ist erstmals die materielle Welt als solche böse. Da der Mensch als Geistwese der himmlischen Lichtwelt angehört, in seiner körperlichen Existenz jedoch der teuflischen Finsterniswelt, so muß er gemäß Manis Erlösungslehre danach streben, den Geist aus den Fesseln der Materie zu befreien und in die himmlische Heimat zurückzuführen. Die durch die Bindung an die Materie verursachte Bewusstseinstrübung muss in eine Bewusstseinserhellung gewendet werden. Dis kann aber nur mit der Hilfe des Christus erfolgen. Nach Rudolf Steiner erhielt Mani bzw.

    Antworten
  • 6. Gertrud Kiefer-Volkert  |  11. Mai 2010 um 3:45 pm

    Fortsetzung:

    Dies kann aber nur mit der Hilfe des Christus erfolgen. Nach Rudolf Steiner erhielt Mani bzw. Manes, ein hoher Sendbote des Christus, jene hohe Individualität, die immer und immer wieder auf der Erde verkörpert ist als der leitende Geist (…) derer, die zur Bekehrung des Bösen da sind, in seiner vorhergehenden Inkarnation sene Einweihung durch den Christus Jesus selbst als der vom Tode auferweckte Jüngling von Nain.

    Manis Lehre machte großen Eindruck auf den in religiösen Dingen sehr intoleranten ersten großen Sassanidenherrscher Schapur I. Mani missionierte nicht nur in Persien und Babylonien, sondern auch in Turkestan, China, Kaschmir und Indien. Seine Lehren schrieb er zunächst selbst nieder und fügte den Handschriften schöne Illuminationen von eigener Hand hinzu, wie er sich auch überhaupt als Maler betätigte, z.B. der Ausstattung von Kult- und Versammlungsräumen. Unter Bahram I, dem Nachfolger Schapur I, fiel Mani auf Betreiben Kartirs, des Anführers der um ihren Einfluß bangenden zoroastrischen Priesterkaste, in Ungnade, wurde ins Gefängnis geworfen und schließlich hingerichtet. Seine Lehren lebten außerhalb Persiens jedoch noch jahrhundertelang weiter und gelangten, in verengter und vereinseitigter Form über Byzanz und den Balkan als Bogomilentum und Katharertum nach Europa, vor allem Norditalien und Südwestfrankreich. Ihre letzten Ausläufer finden sich noch in der Faustsage: Aus einer genialen Intuition heraus liegt aber in der Wiedererweckung des Faust durch
    Goethe auch etwas von der Wiedererweckung des Manichäismus (Rudolf Steiner). In Persien wurde nun unter Bahram II durch den Einfluß der in ihrer gestärkten Priester bzw. Magier der Zoroastrismus wieder zur alleinigen Staatsreligion. Im ganzen Reich wruden die Kulte und Feuerheiligtümer erneuert. Zugleich wurden die bislang nur mündlichen Überlieferungen als Lehren Zarathustras in einer eigens dafür gebildeten Sprache schriftlich fixiert i sogenannten Awesta. Lediglich die darin enthaltenen Gathas können als einigermaßen authentische Aussprüche des historischen Zarathustra gelten.

    Daneben bestand weiterhin der Kult des Gottes Mithras. Diese uralte, schon im 2. Jahrtausend vor Christus von Hethitern und Indern verehrte altarische Gottheit, deren Name „Vertrag“ bedeutet, wurde vom historischen Zarathustra bekämpft, vom Achämeniden Atarxerxes II jedoch wieder rehabilitiert. Mithras ist der Gott des Rechts, der Verträge und der staatlichen Ordnung und wurde später auch als Sonnengott verehrt. Durch die Verbreitung seines Kultes nach Westen nahm dieser zahlreiche weitere Elemente aus dem synkretistischen Religionsumfeld auf und entwickelte sich zu einer ausschließlich Männern vorbehaltenen, in klar definierte Einweihungsgrade eingeteilte Mysterien- und Erlösungsreligion mit dem stiertötenden, als „Lebensspender“ titulierten Mithras als Vor-Bild und zahlreichen kosmischen und jahreszeitlichen Bezügen. Der den Stier tötende Mithras ist neben seiner kosmischen Symbolik (Sieg der gerechten, das Leben erneuernden Sonne im Jahreslauf über die finsteren Mächte des Bösen) auch ein Bild für das den niederen Menschen bekämpfende höhere Selbst, die dem Menschen innewohnenden Sonnenkräfte. Durch die in den Mithrasmysterien vollzogenen Verrichtungen eröffnete sich den Teilnehmern ein ganz besonderer Weg für eine bis in die innersten Fasern des Menschen gehende Selbsterkenntnis und Welterkenntnis. So Rudolf Steiner, der freilich auch darauf hinwies, dass diese Mithrasmysterien alle zurückgehen auf den dritten nachatlantischen Zeitraum, und dadurch waren sie eben dazumal in der Dekadenz, weil sie in ihrer besseren Form für den 3. Zeitraum geeignet waren. In dieser Form breitete sich der Mithraskult vor allem unter den römischen Soldaten aus und gelangte so bis nach Germanien und Britannien.

    Im Zuge der jahrhundertlangen kriegerischen Auseinandersetzungen zwiscehn Römern und Persern drang der römische Kaiser Julian, von den Christen „Apostata“, der Abtrünnige genannt, im Jahr 363 nach Christus bis zur Sassanidenresidenz Ktesiphon am Tigris vor, scheiterte jedoch und fiel, von den Truppen Schapurs II verfolgt, auf dem Rückzug – laut Rudolf Steiner durch die Hand eines Christen – mit 32 Jahren. Der in Athen philosophisch ausgebildete Julian, Verfasser mehrer philosophischer Werke und bedeutender
    Briefe, hatte sich, von gewissen Entartungserscheinungen der siegreichen christlichen Kirche abgestoßen, äußerlich vom Christentum abgewendet, suchte jedoch, nach Darstellungen Rudolf Steienrs, das wahre Christentum in den Mysterien. So versuchte er, Autor einer Abhandlung über die dreifache Sonne (die physische, seelische und geistige Sonne), sich auch in die persischen Mysterien einweihen zu lassen – der eigentliche Hntergrund seines Persienfeldzuges. Denn Julian lernte och etwas von der unsagbaren Herrlichkeit kennen in welche Zarathustra hineingeschaut hatte. (Rudolf Steiner)

    Mani und Julian, beide auf persischem Boden bzw. im Zweistromland gescheitert, werden in einer folgenden Inkarnation durch engste leibliche Verwandtschaft verbunden sein und in einer weiteren, als bedeutende Erforscher des Sternenhimmels, durch enge Zusammenarbeit, doch in individueller Verschiedenheit, bedeutende, in ein spirituelles Weltbild eingebettete Erkenntnisse über die Gesetze des Kosmos fördern.

    Schapur II aber war es, der durch die Aufnahme der von den christlichen römischen Bischöfen vertriebenen nichtchristlichen Gelehrten in die bereits von Schapur I gegründete Gelehrtenakademie dieser zu einem bedeutenden Aufschwung verhlaf. Denn schon Schapur I hatte den Grundstein zu dieser Akademie gelegt durch die Deportation von Gelehrten und Ärzten aus dem von ihm zerstörten Antiochien in seine neugegründete Residenzstadt Gondischapur. Dieser Zustrom von heidnischen Philosophen und Ärzten sollte auch in Zukunft anhalten und vor allem nach der Schließung der Platonischen Akademie in Athen im 6. Jahrhundert durch den byzantinischen Kaiser Justinian einen bedeutenden Auftrieb erhaltn. An dieser bedeutendsten Universität der damaligen Welt wurden das wissen und die Weisheitsgüter Persiens, Griechenlands, Babyloniens und Indiens von Gelehrten aus diesen Ländern zusammengetragen und gelehrt. Insbesondere die medizinische Forschung stand im Mittelpunkt. So wurden zahlreiche Schrifen, die die Ärzte und Gelehrten aus Griechenland mitgebracht hatten, der Nachwelt erhalten. Dies alles geschah jedoch unter Ausschluß des Christentums und unter alleiniger Anwendung rationaler, insbesondere aristotelischer Denk- und Wissenschaftsmethoden, etwa des Experiments, jedoch unter Einschluß gewisser gnostischer Elemente. Eine rein materialistisch-erdgebundene Wissenschaft blühte hier in zweifellos grandioser Weise auf, und dieser von luziferisch-ahrimanischen Kräften inspirierte „Impuls von Gondischapur“, wie Rudolf Steiner dieses Phänomen nannte, wollte den Menschen für diese Erde sehr groß … machen. Es war beabsichtigt, nicht dass jeder Einzelne die Bewusstseinsseelenweisheit als eine Offenbarung von oben herunter zukommen sollte. Der eigentliche Zeitpunkt für diese die Menschheit von ihrer vorgesehenen Entwicklung abbringen sollende vorzeitige Einimpfung der Bewusstseinsseele sollte das Jahr 666 sein. Doch wurden im Jahre 642 die Perser von der neuen, erst wenige Jahre alten religiösen und politisch-miiltärischen Macht geschlagen: den islamischen Arabern. Durch diese wurde dem Impuls von Gondischapur gerade noch rechtzeitig die Spiitze gebrochen, er wrude einereits abgestumpft. Andererseits aber erlebte das gedankengut von Gondischapur vor allem seit der Verlegung der Akademie an den Hof des Abassidenherrschers Harun-al-Raschid nach Bagdad eine erneute Blüte und als „Arabismus“ eine Verbreitung über die gesamte arabische Welt, bis ins maurische Spanien. Von hier aus konnte es dann durch die Übersetzungstätigkeit jüdischer und christlicher Gelehrter vor allem in Toledo das sich bildende christliche Abendland in einen Jahrhunderte währenden Prozeß auf unabsehbare Weise auf wissenschaftlichelm Gebiet fördern. Im heutigen Iran führt die Universität der Stadt Ahvaz den Titel „Universität von Gondischapur“.

    In Persien selbstl brannten die großen iranisch-zoroastrischen Staatsfeuer teilweise noch bis ins 10. Jahrhundert. Ein Teil der an ihrer Religion festhaltenden Zoroastrier wanderte nach Indien aus und entwickelte sich dort als die Gemeinschaft der Parsi zu einer bis heute erfolgreichen und geschätzten Kommunität von weltweit tätigen Unternehmern, Kaufleuten und Künstlern. Ein anderer Teil lebt bis heute als geduldete religiöse Minderheit im Iran, mit abnehmender Tendenz. Der Zarathustrismus, eines der ältesten Glaubenssysteme der Welt, ist heute eine sterbende Religion.

    Leider sind mir einige Druckfehler untergekommen. Sorry.

    Anmerkung A.M.

    Sehr geehrte Frau Kiefer-Volkert,

    Bedauerlicherweise wissen wir über Zarathustra sehr wenig, aber gerade so viel, dass seine Lehre streng dualistisch war. Es ging ihm um die Trennung des menschlichen Geistes von der „ahrimanischen“ (daher kommt ja der Begriff) Erde, die bei rechtschaffendem Leben nach dem Tod vonstattengehe. Das ist einerseits eine sehr frühe strukturelle Vorwegnahme von Religionsformen wie Christentum oder Islam – die römische und griechische, aber auch iranische und hinduistische Götterwelt sah anders aus. Aber es hat sehr sehr wenig mit der Anthroposophie zu tun und Steiners Zarathustra sehr wenig mit dem Mazdaismus.

    Noch krasser ist der Dualismus der Manichäer – zwar ist ein Teil ihrer Kosmogonie, dass der „Dritte Gesandte“ des göttlichen Lichtreichs sich in die Welt (die aber als ultimativ böse, niedrig und unheilbar pervers beschrieben wird), aber nicht, wie Steiner meinte, um das Böse gut zu lieben, sondern, um es zu überlisten und die Befreiung der auf der Erde verstreuten „Lichtpartikel“ (i.e. Menschenseelen) zu bewirken.

    Deswegen halte ich die beiden Artikel für „schön“, finde aber problematisch, sich dafür historische Gruppierungen mit ganz anderen Botschaften auszusuchen. Stattdessen hätte Steiner einfach von Anthroposophie sprechen sollen. Das hätte seine Botschaft klarer gemacht und wäre historisch angemessen.

    Und eines noch: Welchen genauen Bezug hat das zu diesem Artikel? Den Goetheanum-Kommentar zu Obama und den Mazdandan-Kult?

    Antworten
    • 7. Gertrud Kiefer-Volkert  |  12. Mai 2010 um 7:15 pm

      Den Bezug zum Hauptartikel sehe ich vor allem in Steiners esoterischer Sicht des Christentums, das er geistesgeschichtlich, aber auch historisch und geographisch einordnet. Ich habe diesen Artikel hierher gesetzt, weil er einen konzentrierten Überblick liefert, also recht gut informiert über die anthroposophische Interpretation des Christusereignisses.
      Auch wenn ich persönlich nicht an Reinkarnation glaube – sie erscheint mir als eine unzulässige Zuspitzung – ist dennoch der damit verbundene Leitgedanke bemerkenswert.
      Aus weiblicher Perspektive fehlen zudem die Innenansichten der Frauenwelt – wie so oft.
      Weibliche Figuren kommen überhaupt nicht vor – ein echtes Manko.

  • 8. Gertrud Kiefer-Volkert  |  13. Mai 2010 um 3:22 pm

    Und wenn wir schon beim Thema sind: Zur Zeit findet in München der Ökumenische Kirchentag statt. Wie ich in der SZ (Süddeutsche Zeitung, S. 11 bis 18) lese, geht es darum frischen Wind in die Kirchendebatten zu bringen. Da es übergeordnet ums Christentum allgemein gehen soll, ist dabei insbesondere auch der Dialog mit den orthodoxen Kirchen angesagt: Die „Feier der tausend Tische“ hat daher auch den Ritus der Artoklasia zum Inhalt, wo es darum geht, das gesegnete Brot zu teilen. (ebda. S. 16.)
    Mich wundert, weshalb die Christengemeinschaft sich gegenwärtig offenbar stärker denn je abgrenzt und ihre eigene Veranstaltung ausrichtet: Weltkongress der Christengemeinschaft im Mai 2010 (INFO 3 vom Mai des Jahres, S. 73) angezeigt.

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  • […] Steiner abgewandt, etwa Andrej Belyj, der zwar bei der Gestaltung von Steiners Erstem Goethenaum (Der Europäer) mitgewirkt hatte, in den Zwanzigern aber der anthroposophischen Gesellschaft eine […]

    Antworten
  • […] „Rechtfertigung“ von Steiners rassistischen Äußerungen, vgl. dazu u.a. „Der Europäer“, Ravagli, die Rassen und die Rechten – AM) steht jedoch die beginnende Auseinandersetzung mit […]

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  • […] Gegner” blies selbstverständlich auch die orthodoxanthroposophische Zeitschrift “Der Europäer“, die allen Ernstes titelte: Gut versus Steiner. […]

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  • […] vom „Europäer“ oder: die Vulgarisierung anthroposophischer […]

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  • […] ab. Noch im letzten Sommer erlebte der Vorfall ein Nachbeben, als eine rechtsanthroposophische Zeitschrift kreativ beschloss, da die zwei Bücher inzwischen immernoch nicht wieder aufgelegt würden, müsse […]

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  • 14. Peter  |  13. Mai 2012 um 11:00 am

    Eines der besten Artikel die du je geschrieben hast 🙂

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  • 15. Willy, Thomas und der Wolf im Schafspelz | waldorfblog  |  20. Januar 2014 um 10:16 pm

    […] Geisteswissenschaft” attackieren wolle, findet etwa Thomas Meyer, Chefredakteur von “Der Europäer”. Solche dummdreisten Diffamierungsversuche stehen natürlich in alter Tradition, die Frage ist, wie […]

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  • 16. Wolfgang Stadler  |  17. August 2014 um 2:33 am

    Ausnahmsweise mal ein sehr interessanter Artikel und in vielem richtiger Artikel von Ansgar Martins. Thomas Meyer und die ganzen (hauptsächlich anti-amerikanischen) „Verschwörungstheorien“ sind ebenso wenig „anthroposophisch“ wie alle Arten von Rassismus. (Wobei allerdings eingesehen werden muß, daß Rassismus dann vorhanden ist, wenn die Rasse über dem Individuum steht).

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Hallo allerseits,
Ich bin Ansgar Martins, geb. 1991 und war bis Juni 2010 Schüler an der FWS Mainz. Inzwischen studiere ich Religionsphilosophie, Soziologie und Geschichte in Frankfurt a. M. Dieser Blog ( dessen "Leitbild" ganz oben rechts ) ist mein persönliches Projekt, um die oft einseitigen und selbstgerechten Pro- und Contra-Positionen in der Debatte um die Waldorfpädagogik und Anthroposophie kritisch zu kommentieren. Ich hoffe, das gelingt, und freue mich über Rückmeldungen jeder Art!

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Da ich dieses Risiko gerade bei den bekannten Verstiegenheiten anthroposophischer Websites nicht eingehen will, distanziere ich, Ansgar Martins, mich hiermit vorsorglich von ausnahmslos allen Gestaltungen und Inhalten sämtlicher fremder Internetseiten, auch wenn von meiner Seite ein Link auf besagte Internetseite(n) gesetzt wurde.

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